Weitere Luftaufnahmen von Spiez
Als grosse Sehenswürdigkeiten sind das Schloss Spiez und die ihm benachbarte romanische Schlosskirche jedem Thunerseereisenden bekannt. Nicht nur in baulicher und innenarchitektonischer Hinsicht, auch aus historischen Gründen und ob ihrer herrlichen Lage beanspruchen sie einen hervorragenden Platz unter den zeugen aus früherer Zeit im Kanton Bern.
Auf der leicht zu verteidigenden, felsigen Halbinsel, die hier als « Spitz » - daher wahrscheinlich der Name Spiez in den See vorstösst, stand vermutlich schon im Frühmittelalter ein Kirchenkastell. Ausgrabungen haben das Vorhandensein einer Saalkirche im frühen 8. Jahrhundert bewiesen. In der hochburgundischen Epoche, zu welcher sich ein Königshof im nahem Wimmis befand, diente die kleine Festung wohl dem Zweck, am Thunersee wichtige Verkehrswege abzusichern. Um die Jahrtausendwende entstand in der Gegend eine Reihe zum Teil noch vorhandener romanischer Kirchen, darunter jene von Spiez. Vom schloss ist in der Strättliger Chronik des 15. Jahrhunderts als von einem « goldenen Hof am Wendelsee » (Thunersee) die Rede; als solcher ist es in die Legende eingegangen. Falls allerdings eine Burg mit hohem Turm bestand, so kann es sich nur um eine hölzerne Anlage gehandelt haben.
Der trutzige Bergfried als ältester Teil der jetzigen Burg wurde, wenn überhaupt noch im 12. Jahrhundert, kaum lange vor 1200 erbaut. Die Megalithkonstruktion aus Findlingen, welche seinen untersten Teil bildet, ist nach den neuen Erkenntnissen nicht früher zu datieren. Der im Grundriss ungefähr quadratische bau, dessen über drei Meter starke Mauern wehrhaften Charakter haben, wurde in Etappen höher geführt. Dem Megalithunterbau, in dem das Verlies Platz fand, setzte man Wohnteile auf, die man durch einen im Gebäudeinneren heute noch stückweise sichtbaren Hocheinstieg erreichte. Kleine Gesimse markieren die einzelnen Aufstockungen des oberen aus einheitlichen Buckelquadern in Rauwacke erstellten Mauerwerks. Der ganze Turm erhebt sich mit dem um 1600 aufgelagerten Walmdach zu 39 Metern Höhe.
Der ursprünglich freistehende Bau ergänzte wohl zunächst eine allenfalls vorhandene Holz- und Erdanlage und schützte die alte Kirchenfestung an der Stelle, wo sich einem Feind von der Landseite her die beste Angriffsfläche bot. Er wurde nach aussen von einer Schildmauer und einem doppeltem Grabensystem abgesichert. Hinzu kam eine sich um die Halbinsel ziehende Ringbefestigung, die in Resten, so in den Stümpfen von zwei Wehrtürmen, noch erkennbar ist. Nach 1280 wurde, nach erfolgter Marktrechtsverleihung durch König Rudolf von Habsburg, der kleine Stapel- und Hafenplatz an der Seebucht mit Mauern umgeben. Ausser der Ortsbezeichnung « Städtli » deutet nichts mehr auf diese feste Siedlung.
Die Burg wurde nach und nach in starker Mauerung ausgebaut. Nördlich des Bergfrieds entstand wohl nach 1300 der Palas, zunächst niedriger, als er heute erscheint, mit dem Turmeinstieg offenbar durch eine hölzerne Galerie verbunden. Als sicherlich komfortabler empfundenes Wohnhaus trat er an die Stelle der primitiven Räume im Bergfried. Der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, vor allem der Epoche des Minnesängers Heinrich von Strättligen, schreibt man die Reiter und Turniere darstellenden Graffiti im Verputz des mächtigen Kamins des Hauptturmgeschosses zu. Damals müssen also diese Gemächer bewohnt gewesen sein. Andererseits ist es denkbar, dass Johann von Bubenberg die Feste, die er den Strättligern abkaufte, im Vorfeld des Laupenkrieges (1339) zu verstärken trachtete. Bubenberg war in jenen Jahren Schultheiss von Bern. Er liess von Spiez aus Lebensmittel unter Waffenschutz in die bedrohte Stadt verfrachten. Vielleicht wurden erst damals der ebenfalls über mächtige Mauern verfügende Palas und der Grundstock des sich anfügenden Nordflügels des Schlosses angelegt.
Vom 15. bis ins 18. Jahrhundert, namentlich in der langen Epoche der von Erlach, nahm die Burg allmählich die heutige Gestalt an. Es wurde ein schmaler Verbindungstrakt zwischen dem Bergfried und dem Palas erstellt. Sicher noch unter den Bubenberg wurden der Palas um ein Stockwerk erhöht und der Nordflügel emporgeführt. Die einstige Bibliothek mit ihrer geschnitzten gotischen Decke im zweiten Geschoss, der spätmittelalterliche Wohnraum Adrian von Bubenbergs sowie die Küche im Nordbau gegen auf die Zeit vor oder um 1450 zurück.
Sehr bedeutsame Um- und Einbauten erfolgten im 16. und 17. Jahrhundert. Westlich an den Palas angelehnt entstanden ein hoher Treppenturm und ein Trottengebäude, der so genannte « Trüel », dem 1598 ein Obergeschoss mit vier, heute mit verschiedensten Dokumenten ausgestatteten und zu Sonderausstellungen benützten Zimmern aufgesetzt wurde. Unter dem kunstfreudigen Franz Ludwig von Erlach (1575-1651) als Bauherrn erhielten die Dächer eine neue form. Jenes des Nordtrakts mit seinem steilen Aufschwung, seinen Erkern und spitzen Ecktürmchen verlieh dem Schloss im Geist des Spätmittelalters ein imposantes aussehen. Aus der gleichen Zeit stammen die Vergrösserungen der Fenster, der Schmuck des Palas durch eine Supraporte mit der Wappentafel von Erlach-Steiger (1601) sowie namentlich der prachtvolle frühbarocke Festsaal im zweiten Stock des Nordflügels mit seiner reichen Stuckdekoration (1614-1627). Ein letztes grösseres Bauelement gliederte sich der ganzen Anlage im 17./18. Jahrhundert nach Süden hin an, das so genannte « Neue Schloss », ein seither mehrfach umgebautes und renoviertes Spätbarockgebäude.
Drei Geschlechter prägten zur Hauptsache die Geschichte der Burg Spiez. Die Freiherren von Strättligen errichteten vielleicht schon frühere Bauten und vermutlich dann den festen Turm. Sie waren im vorderen Berner Oberland ziemlich bedeutend und konnten ihre Stellung offenbar auch gegenüber den Zähringern behaupten. Vom späteren 13. Jahrhundert an nahm freilich ihr Einfluss ab. Sie sahen sich zeitweise mit den Habsburgern konfrontiert, vermochten aber ihre Herrschaft über Spiez nach Unterbrüchen immer wieder zu erneuern. Wachsende Geldschwierigkeiten veranlassten sie schliesslich, die Burg und die Gerichtsbarkeit über die gesamte Umgebung samt Faulensee und Einigen, das heisst ungefähr über das heutige Gemeindegebiet von Spiez, an Johann von Bubenberg zu veräussern.
Gegen 1920
1338 kam somit Bern zum Zug. Mit der Eroberung des Aargaus (1415) war auch das Ende der habsburgischen Lehenshoheit verknüpft, und Spiez wurde zur unabhängigen Twingherrschaft unter den Bubenberg. Deren Berühmtester war ohne Zweifel der Verteidiger von Murten, Adrian (1424-1479). Sein von Karl Stauffer geschaffenes Standbild ziert seit 1959 die Schlossterrasse. Der Dichter Rudolf von Tavel, der in seinen Erzählungen so manches bernische Schloss und viele Landsitze und ihre Bewohner liebevoll schilderte, hat im Roman « Ring i der Chetti » auch ihn verewigt.
In Schulden geraten, verkauften die Bubenberg die Herrschaft Spiez 1506 an die Diesbach. 1516 erwarb sie Ludwig von Erlach. In dieser Familie blieb das Schloss über dreieinhalb Jahrhunderte, als Mittelpunkt des Twing bis 1798, dann als privates Eigentum bis 1877. Damals fiel es leider einem Konkurs zum Opfer. Seine wertvollen Archive und Sammlungen wurden versteigert. Nach mehrmaligen Handänderungen wurde die Burg 1929 von der Öffentlichkeit übernommen und der neugegründeten « Stiftung Schloss Spiez » anvertraut, die es als Museum eingerichtet hat.
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