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La Corbière : eine Vergangenheit und Persönlichkeiten ausserhalb der Norm
Ein von Henri Michaud, am 16. August 1988 unterzeichnetes unveröffentlichtes Manuskript von 16 Seiten und eine unbekannte Studie von seiner Cousine, die Lehrerin Frau Véronique Marmy Brasey, bringt uns eine wertvolle Einsicht in die Geschichte La Corbières. Ausser diesen zwei Quellen geben auch die Archiven des Bischofs, jene des Staates wie auch das Werk des Vaters Daubigney mit der Bezeichnung Kloster von Estavayer, Druckerei Butty 1911, die freiburgerische Zeitung Etrennes von 1909, die Republikaner vom 11. Oktober 1984, die Zeitung von Estavayer vom 6. Juli 1993 und die katholische Woche vom 13. August 1936 ebenfalls verschiedene Informationen. Und das, ohne allgemeine Werke auf zu zählen... und die hier und dort gesammelten mündlichen Zeugenaussagen.
Das historische und biographische Wörterbuch der Schweiz weist darauf hin, dass die Familie Endrion seit dem 14. Jahrhundert Bürger von Estavayer waren, und dass sie im freiburgerischem Patriziat in 1783 eingetreten sind. Die Endrioner waren die Eigentümer von La Corbière vom Ende des 18. Jahrhunderts an.
Georges-Antoine Endrion wurde berühmt in La Corbière. Als Oberstleutnant und allgemeiner Kommissar des Regiments der Schweizer Garde im Dienst des Königs von Frankreich zum Zeitpunkt der französischen Revolution, war er am Massaker vom 10. August 1792 anwesend, an dem 786 Gardisten von 1100 getötet wurden. Endrion überlebte und trug wesentlich an der Flucht - umsonst - von Ludwig XVI bei. Als der König verhaftet wurde, konnte er Paris auf einem Karren verlassen, der mit Stroh beladen wurde und ein Fass von Louis d'Or versteckte. Seine Gespann benötigte 14 Tage, um die wenig befahrenen Strecken zurückzulegen, um in die Schweiz zu gelangen: Paris, Montargis, Nevers, Autun, Chalon-sur-Saône, Poligny, Champagnole, Pontarlier, Fleurier, Neuchâtel. Endrion soll das Fass Gold in einem See versteckt haben und wollte es einige Tage später nach La Corbière wieder bergen. Dieses Gold warf viele Fragen, Diskussionen und Berechnungen auf... Von 1809 bis zu seinem Tod in 1828 war Georges-Antoine Endrion der Rechtsberater von Estavayer.
Links von der Eingangstür der Kirche der der Dominikaner von Estavayer steht die Begräbnisplatte der Gräfin von Pourtalès mit der folgenden Inschrift: Anne-Marie, Gräfin von Pourtalès-Gorgier, geboren Gräfin von Escherny, die in Paris am 11. September 1820 geboren geworden ist, in La Corbière am 7. April 1901 gestorben. An dritter Stelle stehend von Sankt Dominik. Sie machte viele Almosen, und ihre Bitten waren konstant.
Die Gräfin von Pourtalès lebte im Schloss La Corbière von 1879 bis 1901, das Datum ihres Todes. Ihr Grossvater war der Graf Francois-Louis von Escherny, Publizist und Freund der bekannten Schriftsteller und Philosophen: Diderot, Helvétius und Jean- Jacques Rousseau. In 1840 heiratete das Fräulein von Escherny Henri, Graf von Pourtalès-Gorgier, dessen Familie - aktiv in der industriellen Entwicklung von Cortaillod - einem Krankenhaus von Neueburg ihren Namen gab. In seinem Werk über das Kloster von Estavayer behauptet Vater Daubigney, dass die Gräfin von Pourtalès mit einer bemerkenswerten Schönheit und mit einer vollkommenen Unterscheidung des Geistes und der Manieren ausgestattet war. Die Gräfin ging viel "in die Welt hinaus", nach Paris, Berlin, Rom, Neapel, wo sie im Hof empfangen wurde. Sie verbrachte einen Teil ihres Lebens im Schloss von Gorgier, das nach dem Tod ihres Ehemannes verkauft wurde. Sie zog sich dann in La Corbière zurück.
Die Gräfin hatte drei Töchter und einen Sohn, schrieb Vater Daubigney. Die ältere, war Marie, Schwester der Barmherzigkeit, Oberin in einem Waisenhaus in Makedonien. Emilie heiratete den Baron Gaston Renouard von Bussière. Louise wurde die Ehefrau des Grafen Raymond von Geoffre von Chabrignac, Divisionsgeneral. Was den Sohn betrifft, den Grafen Arthur von Pourtalès-Gorgier, so war er Minister von Frankreich in Guatemala.
Ein Geheimnis bleibt. Mehrere Zeugenaussagen, die in der Region von Estavayer gesammelt wurden, dokumentieren eine junge Person, die immer wegen eines gefolterten Gesichtes verschleiert war, und bei der Gräfin lebte. Dieses mysteriöse Wesen ass, so scheint es, aus einem Trog aus Gold. Einige sprechen über einen Katzenkopf, andere über den eines Schweins, und die anderen erwähnen eine Hasenschnauze. Die Zeugenaussagen stimmen jedoch überein, dass es sich um die vierte Tochter von Frau von Pourtalès handelte.
In seiner Studie über Corbière schreibt Henri Michaud über die Schloss-Besucher mit Hauben.
Die Region von Estavayer hallte von den "Schellen" wider, die an den kostbaren Gespannen der Pourtalès hingen oder an jenen der zahlreichen und reichen Besucher befestigt wurden. Henri Michaud behauptete, dass ein guter Teil der europäischen Noblesse zum Schloss käme. Er zitierte die Familie von Estérazy von Budapest, die in 1895 mit sechs grossen angespannten, nein sogar mit acht, Pferden ankamen; der Herzog und die Herzogin von Sachsen-Cobourg, Vetter von Victoria, die englische Königin; und italienische Prinzen. Die Mehrzahl kam über die Strasse mit beeindruckenden Konvois. Andere erreichten das Schloss über den Landeplatz, den die Gräfin unterhalb von La Corbière errichten liess. Die Dämpfe der Navigationsgesellschaft, die in 1872 gegründet wurde - von der sie ein grosser Aktionär war - konnten so nicht weit weg vom Schloss hinaufsteigen.
Die Gräfin liebte es, am See spazieren zu gehen. Leider war der Zugangsweg mühsam. Philibert Liardet, Schlosser in Estavayer, baute ihr daher eine Drahtseilbahn, die durch eine Winde an zwei Kurbeln am Gipfel der Felsen betätigt wurde. Die Gräfin stieg herab und ging in einer Gondel wieder hinauf. Das Tragseil wurde in der Nähe des Sees an einem erratischen Block befestigt. In der Nähe des Schlosses rollte er sich um den Stamm eines eindrucksvollen Kastaniebaumes auf.
Ein Wort zunächst über de Familie von Boccard. Der Vater von Hubert von Boccard war Nicolas, Kapitän im Dienst des Königs von Frankreich, Karl X. Als der König in 1830 von der Macht gestürzt wurde, kam Nicolas von Boccard nach Estavayer zurück, wo er die Tochter von Georges-Antoine Endrion, der Eigentümer von La Corbière, der illustre Offizier, über den wir bereits gesprochen haben, heiratete. Neben den verschiedenen Eigentümern, die sie bereits in Estavayer, in Freiburg und anderswo besassen, kam nun La Corbière von Boccard in 1865 hinzu. Das Kadasteramt trug zu diesem Datum den Namen von Antonin von Boccard, Bruder von Hubert, ein. Der Erste wurde in 1838 geboren, der andere in 1835. Als er 19 Jahre alt war, verpflichtete sich Hubert von Boccard zum Dienst des Königs von Neapel. Nach einigen Jahren erreichte er den Grad als Leutnant. Aber das Königreich von Neapel war wie die anderen Regionen der Halbinsel auch in Aufruhe. Die Vereinigung Italiens fand in den Jahren 1860 und 1861 statt. Das Königreich von Neapel fügte sich durch Plebiszit dem Königreich von Italien unter dem Zepter des Hauses von Savoyen zu. Hubert von Boccard kehrte in sein Land zurück.
In 1864 flieht er... um sein Vermögen in Neuseeland zu finden, auf der Suche nach Gold. Seine Eskapaden dauerten harte drei Jahre. Als er in die Schweiz zurückkehrte wurde er in der föderalen Armee eingegliedert, wo er den Grad des Majors erreichte. Nach dem französisch-deutschen Krieg von 1870 bei der Internierung der Armee des Generals Bourbaki im Januar 1971 nahm er aktiv teil an "der aufreibenden Zwangsarbeit der Internierung", um den Ausdruck der freiburgerischen Etrennes-Nachrichten von 1909 wieder aufzunehmen, die über das belebte Leben von Hubert von Boccard berichten. Durch den Kontakt mit den französischen Soldaten, die unter verschiedenen schweren Krankheiten litten, erkrankte er an den Pocken. Doch diese überstand er und wurde Mitarbeiter des Ingenieurs Wilhelm Ritter, der den Staudamm Maigrauge an der Sarine baute. In 1872 heiratete er Caroline von Diesbach, die Tochter von Amédée. Als er zum Sekretär in der Direktion für die öffentliche Instruktion ernannt wurde, begann seine Langeweile. Er wurde halt nicht für das sesshafte Leben geboren. Ausserdem zwang die Krankheit ihn zu langen Aufenthalten in verschiedenen ausländischen Stationen. So fand man ihn nach und nach in Madeira, Nizza, Florenz, Rom... Die letzten Jahre seines Lebens waren durch ein unheilbares Übel verfinstert.
Hubert von Boccard hinterliess dem Museum von Estavayer verschiedene Waffen, darunter ein prächtiges Schwert, das Georges- Antoine Endrion gehört hatte.
* Dort, wo das Wasser vom Rio La Corbière vom Graben in den Südwesten fliesst und den Felsen hinabstürzt, nimmt es den schönen Namen von Saut de la Pucelle (Sprung der Männlichen Jungfrau) an. Eine Legende behauptet, dass ein jungfräulicher Ritter, der einem bösartigen schwarzen Reiter entkommen wollte, in den Abgrund sprang. Das Pferd wurde getötet, aber die männliche Jungfrau entkam ...
* Als die erste Wasserlaufkorrekturen des Jura zwischen 1868 und 1891 stattfanden, setzte sich das Niveau des Sees von 2,10 m auf 2,50 m herab. Die Familie von Boccard - angesichts ihrer guten Beziehungen mit der kantonalen Regierung - erhielt Eigentum der Gelände, die durch den Rückgang der Gewässer zwischen Estavayer und Forel aufgedeckt wurden. Daher der Ausdruck "die Ufer der Boccard". Die von Gottrau und von Font, machten dieselbe Operation. Die südlichen Ufer wurden "die Ufer der Gottrau" genannt...
* In ihrem Testament verlangte die Gräfin von Pourtalès, dass ihr Pferd getötet und sein Fleisch an die Ärmsten verteilt wurde. Klement Périsset, der künftige Bäcker, war seinerzeit Messdiener. Er erhielt davon ein Kilo. Eine andere Version - die Risiken der mündlichen Tradition! besagt, dass Frau von Pourtalès den alten weissen Maulesel töten liess. Das Fleisch des Tieres wurde an die Armen verteilt.
* Die jungen Mädchen der Gartenbauschule wollten ihre Blumen vor der Grenette in Estavayer verkaufen. Ein Esel führte den Konvoi. Dieser wollte nicht zu La Corbière zurückkehren, wenn die Fräuleins ihm an keinen Karamel am Bahnhof "ziehen " liessen.
* Das Schiessen der Militärflugzeuge begann bereits im Jahre 1927, bestätigt Herr Georges Fasel von Autavaux, pensioniert SAM. Diese Flugzeuge waren weniger schnell als heute. Es kam so vor, dass ein Pilot seinen Helm in der Nähe von La Corbière heraus warf, wo sich die Schiessstand Stelle befand. Er hatte so einen Vorwand, um ihn bei den jungen Mädchen der Gartenbauschule wiederzugewinnen. (Man beachte, dass die Damen dieser Schule das Schiessen auf dem See nicht weniger als 400 m vom Schloss entfernt nicht schätzten. Sie erreichten es, die Schiessstand-Stelle zu Forel im Jahre 1932 verschieben zu lassen.)
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