Freiburg : Schloss Lully nahe Estavayer-le-Lac (en français)



Es ist schwierig, das Datum der Konstruktion des Schlosses von Lully zu bestimmen. Wer waren die Eigentümer vor der Familie von Courten, die es in 1807 kauften? Ein Plan von 1746 gibt als Eigentümer des Schlosses Elisabeth von Estavayer, die einer der Praroman geheiratet hatte, an. Die Familie von Estavayer, die bereits im 12. Jahrhundert erscheint, zählte mehrere Zweige: von Estavayer-Bussy, von Estavayer-Mollondin und die von Estavayer-Montet. Elisabeth gehörte zum Zweig der Estavayer-Lully.

Der derzeitige Zustand des Schlosses ergibt sich aus den aufeinander folgenden Umbauten. Der älteste Teil ist der Turm, der die Kapelle zur Zeit der Karmeliter und das Institut des guten Hirten beherbergte.

Die Famille von Courten

Eine der Begräbnisstelen links vom Eingang der Kirche von Lully wurde dem Ersten der Courten von Lully gewidmet. Es war Pierre Francois Marie, dessen Vorname PFM abgekürzt wird. Er wurde in 1750 geboren und starb in 1839. Er ist der Urheber des freiburgerischen Zweiges der Courten. Die Inschrift im Stein hebt hervor, dass er ursprünglich aus Sierre stammte. Als Offizier im Dienst Frankreichs während der Französischen Revolution ging er mit den Prinzen in Exil nach Trêves (die heutige deutsche Stadt Trier) in 1792. In 1816 wurde er zum Lagermarschall ernannt. Ludwig XVIII machte ihm zum Grafen in 1819. Er wurde Bürger von Lully am 22. Juni 1807 und Eigentümer des Schlosses. Als Gegenleistung seines neuen Bürgertums übergab er der Gemeinde das Wasserrecht. Seine Frau, geboren Reverseaux, (1765-1856) war ursprünglich aus Frankreich.

Die anderen Begräbnisstelen erinnern an den Sohn und den Enkels des Ersten von Courten von Lully: Edouard (1796-1874) dessen Ehefrau die Gräfin Francois-Xavier von Courten, geboren Brody (1802-1882) war, und Karl, der Sohn von Edouard (1825-1884). Karl von Courten hatte drei Kinder, Richard, Blanche und Raoul. Ein Sohn von Richard, Maurice- Edouard von Courten, lebt momentan in Chermignon im Wallis. Er wurde im Jahre 1912 geboren. Er hat mit mir über seine Tante Blanche von Courten gesprochen – die letzte der von Courten, die in Lully gewohnt hat - die Kapitän Francois Donin von Rosières heiratete. Er starb im Dienst Frankreichs zu Beginn des Krieges 1914-1918. Der Kapitän von Rosières war der Taufpate von Francois Koller von Lully, dessen Familienmitglieder die Landwirte des Schlosses waren. Der Sohn des Kapitäns und von Blanche von Courten war General Bernard Donin von Rosières. Auch er war Soldat im Grossen Krieg und machte neun Fluchtversuche, bevor er dem deutschen Lager entkommen konnte. Der General wurde schwer am Kiefer verletzt. Einige in Lully, als der General zurückkam, erinnern sich an seinen vergoldeten Kiefer.

Eine Originalerinnerung an die Familie von Courten hat eine Stelle im zweiten Saal des Museums von Estavayer eingenommen. Es handelt sich um den Eselskarren der Schlossherren von Lully.

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Das Karmeliterkloster

Im Jahre 1914 wurde das Schloss von Lully durch Blanche von Rosières-von Courten an die Immobiliengesellschaft vom Schloss von Lully verkauft. Genaue Nachforschungen ergaben die Namen der Aktionäre dieser Gesellschaft. Es waren alle Franzosen. Der Aktionär, der am meisten in der Geschichte des Karmeliterordens von Lully erwähnt wird, ist Paul-Louis Tolmer, ein Pariser Jurist. Warum Franzosen und welche Beziehungen hatten sie zu den Karmelitern? Es ist eine lange verwirrende Geschichte, die während 15 Jahren um eine einzige Persönlichkeit kreist, Schwester Saint Michel.

Frau Zémilie Delaître - Schwester Saint Michel – war in Nyon (Frankreich) in 1865 geboren. Sie heiratete einen Gärtner, der in 1900 starb. Frau Delaître wartete darauf, dass ihre einzige Tochter, 13 Jahre alt beim Tod ihres Mannes, religiös wird, um selbst in ein Kloster einzutreten. Sie wurde bei den Klarissen in Paris aufgenommen. Nicht lange, denn ihre zweideutige Persönlichkeit ruft Unruhen hervor. Sie galt bald als wundersame und stigmatisierte Heilige, eine edle und grosszügige Seele. Es war schwierig, sie im Durcheinander ihres Verhaltens wieder zu finden... Sie hatte reiche und sichere Freunde - darunter Paul-Louis Tolmer – und bedingungslose Unterstützungen von den französischen Priestern. Ihr Projekt, ein Kloster zu gründen, wurde ermutigt. Sie verliess Paris mit drei anderen Pariser Klarissen. Sie kamen in Estavayer an, wo sie in der Nähe der Kirche untergebracht wurden. Im Jahre 1914 kauften ihre Freunde ihr das Schloss von Lully... Am 29. Juni 1914 wurde die Immobiliengesellschaft gegründet. Die 700 Aktien von Fr. 100 waren alle in den Händen der französischen Freunde von Frau Delaître (Schwester Saint Michel).

Es folgten zahlreiche, auf mehreren Jahren verteilte, Abenteuer. Die drei Religiösen, die mit Schwester Saint Michel von Paris kamen, gaben keinen Betrug zu. Sie trennten sich davon. Der Kardinal Erzbischof von Paris, Mgr Amette, meldete die striktesten Vorbehalte gegen die übernatürlichen Phänomenen, die Schwester Saint Michel umgaben. Der Pfarrer von Estavayer, der Rangelteste Joseph Dévaud, sprach über eine sonderbare Geschichte... Mgr Placide Colliard, Bischof unserer Diözese, war vorsichtig und skeptisch. Die kirchliche Hierarchie liess nicht davon zählen! Das Schloss von Lully konnte kein Klarissen Kloster werden wegen der wirren Persönlichkeit der Schwester Saint Michel.

Am 14. Oktober 1917 schrieb der Abt Jules Maudonnet von Estavayer dem Mgr Colliard, dass er gerne in Lully ein Karmeliter Kloster sehen würde. Die Aktionäre des Schlosses gaben ihr Einverständnis, unter der Bedingung, dass Frau Delaître dort angenommen wurde... Erst am 14. September 1921 nach vielen Verhandlungen wurde die Mutter Marie-Bernard der Unbefleckten Konzeption vom Bischof von Carcassonne autorisiert, von ihrem Karmeliter Kloster in Narbonne, das Kloster von Lully zu gründen. Das Schloss beherbergte die Karmeliter bis 1936.

Und Frau Delaître? Sie hat das Leben des Karmeliterordens nicht vereinfacht. Sie wurde eine sehr spezielle Karmeliterin. Überaktiv, bedingungslos durch einige unterstützt, des Betruges durch andere verdächtigt, herrschte sie über den Karmeliterorden bis zum Jahre 1929, bis sie von den römischen religiösen Behörden ausgeschlossen wurde. Sie sammelte, liess sammeln, und scheffelte Gelder zusammen und liess in den 20er Jahren die Villa Saint Michel und Wohnungen bauen, die bis zur Konstruktion der am Schloss angrenzende Mietswohnungen fortbestehen blieben. Diese Gebäude sollten die französischen Wohltäter des Karmeliterordens während ihres Urlaubs unterbringen.

Von 1921 bis 1936, als die Karmeliter aufbrachen zu ihrem neuen Kloster, das sie in Pâquier (Gruyères) bauen liessen, gab es nur Ausflüchte und Diskussionen hinsichtlich des Statuts des Karmeliterordens. Die "Pariser Wohltäter", im heimlichen Einverständnis der Schwester Saint Michel, waren die umstrittenen Meister. Ausserdem war das Klosterleben der zwanzig Karmeliter von Lully - von dem die Oberste während 12 Jahre die von Narbonne kommende Mutter Marie-Bernard war - nicht frei von Spannungen. Es war schwierig, ein vollkommenes Abkommen zwischen religiösen Alten und Jugendlichen herzustellen, die aus verschiedenen Ländern oder aus unterschiedlichen Klöster kamen, wie Narbonne, Avignon, Fontainebleau, Nogent... Aber die Zeugenaussagen vom beispielhaften religiösen Leben bestanden auch und verwischten die Schatten.

Das Institut des Guten Hirten 

Als das Kloster der Karmeliter geschlossen wurde, war das Schloss von Lully frei. Mgr Besson veräusserte es, damit die Schwestern des Guten Hirten dort eine Institution eröffnen konnten. Die Spezialität dieser Religiösen in den verschiedenen Kontinenten besteht darin, sich mit Frauen und mit jungen Mädchen in Schwierigkeiten zu befassen. Die Schwestern des Guten Hirtens, seit dem Anfang in den 20er Jahren, arbeiteten bereits in diesem Apostolat in Villars-les-Joncs in der Nähe von Freiburg. Das Institut des Guten Hirten öffnete seine Türen im Schloss von Lully im Jahre 1936. Es empfing mehr als 30 jungen Mädchen von 14 bis 18 Jahren. Es handelte sich um Jugendliche, die Verhaltensprobleme oder ernste Familienschwierigkeiten hatten. Sie stammten gleichmässig aus der Deutschen- wie auch aus der Französischen Schweiz. Lully war gewissermassen das Pendant für die Jugendlichen des Drognens Instituts, das für Jungen reserviert war.

Aber das alte Karmeliter Kloster war für die Ausbildung all dieser jungen Mädchen nicht ideal. Die Institution war zu eng. Es war ausserdem unmöglich, dort eine Lehre von verschiedenen Berufen zu entwickeln. Schwester Margerite Zwimpfer, momentan in Villars-les-Joncs und die Stellvertreterin der Leiterin in Lully, erwähnte diese Schwierigkeiten wie auch das Problem der Wasserunterbrechung, die kaum das Leben vereinfachten...

Von 1952 bis 1956 hatte die Villa Saint Michel die Damen, Opfer des Alkoholismus, untergebracht. Jede Aktivität hörte im Jahre 1956 auf, als sowohl das Schloss wie auch die Villa Saint Michel zur Villa Monika geworden sind. Die jungen Mädchen wurden in Villars-les-Joncs empfangen, dessen Haus vergrössert worden war.

Im Jahre 1956 ging die Immobiliengesellschaft des Schlosses von Lully in Broyer Hände. Das Schloss wurde in Wohnungen umgewandelt, und die Kapelle, die es schützte, wurde abgerissen. Die im Jahre 1914 gegründete Gesellschaft verschwand im Jahre 1988, als Jürg und Ulrich Andres das Eigentum kauften.

Jean-Marie Barras

Bibliographie

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©Les châteaux suisses. Die Schweizer Schlösser. The Swiss Castles