Glaris: Hof in Mollis

Hof in Mollis Hof in Mollis

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Der "Hof" in Mollis. 1786-87. Kaum hatte Konrad Schindler sein Haus unter Dach gebracht, so erhielt er von seinem jüngern Bruder Kaspar, dem Zeugherrn und spätern letzten Pannerherrn des Kantons (1781-1836), den Auftrag, ihm auf seinem Gute Hof auch ein Haus zu bauen. Aber so grossartig wie das Haltli durfte es nicht werden, sondern innen zwar fein und nach neuestem Geschmack, nach aussen dagegen unauffällig und einfach. Und nun ergab sich das Erstaunliche, dass derselbe Architekt, der soeben einen üppigen Barockbau ähnlich dem Palais Rougemont in Neuenburg glänzend vollendet hatte, hier zwei Jahre später plötzlich ein völlig anders geartetes Haus, dergleichen es bis jetzt im Glarnerland auch noch keines gegeben, erstehen liess, einen Bau, der klar und schön den Übergang vom ausklingenden Barock zum heraufziehenden klassizistischen, dem später so genannten Empirestil vollzog. Abermals ein prächtiges Novum für den Kanton. - Noch völlig in den Traditionen des Rokoko ist das Haus mit seinem weiten Umschwung von Hof, Zier- und Nutzgärten, Brunnen und Ökonomiegebäuden von Mauer umschlossen und so in die Natur hineingestellt, als müsste es mit ihr verwachsen. Nicht besonders gross, dreistöckig, auf der Süd- und Nordseite fünf, auf den Schmalseiten drei Fenster breit, kehrt es dem Ankommenden die westliche Schmalseite als Hauptfront zu. Diese präsentiert sich ganz anspruchslos. Lisenen umrahmen die sonst ungegliederten Mauerflächen. Das zeltförmige Dach ist in der Mitte durch einen leichten Dreieckgiebel unterbrochen, das darunter angebrachte Fenster nach drei Seiten ausgeschweift und lässt damit erkennen, dass die Herrschaft des Barocks noch nicht ganz überwunden war, während an dem kunstvoll gearbeiteten Hausportal mit seinem reich verschlungenen Oberlichtgitter, dem kräftig vorspringenden Knauf der Mittelsäule und der Fülle graziöser Schnitzverzierungen an den Türen deutlich zutage tritt, wie Barock und Rokoko noch ineinanderspielten.

Hof in Mollis

Am Sturz die Jahrzahl 1786 und ein glückverheissender Stern, der jedoch nicht das Wappen des Erbauers ist.

Innen führt ein weiter Korridor zur Treppe, die bis zum ersten Podest mit eisernem, von da bis zu oberst mit harthölzernen Geländern versehen ist. Die Säulchen der letztern sind über Eck gestellt und nach der einen Dimension nur von der halben Dicke der andern, was dem ganzen Geländer den Schein ungewöhnlicher Leichtigkeit verleiht. Leichtigkeit ist überhaupt der Charakter der ganzen Innendekoration. Die Stirnseiten der Podeste und Untersichten der Treppen erfreuen durch den Schmuck zierlicher Stukkaturen. Ebenso die Decken und Wandgesimse der Hausgänge. Hier sind die Supraporten überdies durch Stukkaturen belebt, welche laubumwundene Stäbe zu Rahmen zusammenschliessen, zwischen die von Bändern gehaltene Girlanden, Schilde mit Emblemen und Palmzweigen, zu Bildern vereinigt, herunterhangen, während manche der leicht kassettierten Türen in den Füllungen und an den Griffen und Schlüsselschildchen von einem artigen Spiel kleiner Rokokoverzierungen umwoben sind. Ein spiegeltragendes Konsoltischchen im obersten Gange dagegen scheint mit Hängefestons, Perlstabrahmen und antikisierender Vase den anbrechenden Sieg des Klassizismus im Hause vorbereiten zu helfen. - Die Zimmer sind hoch, hell belichtet und zum Teil sehr geräumig, die Decken einfach gehalten. Im Salon dagegen erhebt sich die Arbeit des Stukkateurs zu reicher Schönheit; alles aber bewegt sich vornehm gemessen in ernsten, geraden Linien, doch nicht in der anfröstelnden Steifheit des völligen Klassizismus. Anmutig geschlungene Festons durchziehen die Felder am Rand der Decke; in den Ecken führen lustige Kinder die vier Jahreszeiten auf, und an den Seiten drehen sich aus Blattmotiven gebildete Rosetten, wie zum Tanze ladend, in unaufhörlichem Wirbel. Auch andere Zimmer erfreuen durch die Zierde feiner, leichter Stukkaturen, deren Motive sich überall ähneln. Da sieht man an den Superporten Girlanden und - dem Zeugherrn zu Ehren - Waffenbündel hangen und zierliche Ranken mit eingeflochtenen Blumensträusschen, Fruchtkörbchen und Gartengerätchen in sanftem Fall an den Wänden und Spiegelrahmen niederrieseln, ein leichtgeschürztes, graziöses Spiel, das Anmut und fröhliche Bewegung in die Zimmer bringt. Und wie all diese Decken- und Wandverzierungen zusammenstimmen, oft selbst in den Schnitzereien der Türfüllungen weiterklingen, so passen sich auch die Schränke mit ihren oben geschweiften Linien und. der warmen Holzfarbe dem Ton des Ganzen trefflich an. Es ist noch nicht die volle Korrektheit klassizistischer Architektur, die da zum Ausdruck kommt. Sie kündigt sich erst an. Das Feld behauptet noch die heitere Beweglichkeit und Nuancierungsfähigkeit des geschmeidigen Rokoko.

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Stark nach der klassizistischen Seite dagegen neigt das Gartenhaus mit seiner klaren, kräftigen Gliederung, den straffen Pilastern, dem fest ausladenden Kranzgesimse und dem griechischen Giebeldreieck. Aber selbst hier noch spuken die Traditionen des Barocks weiter im Stichbogen der Fenster und in der verschlungenen Gruppe von Feldgeräten im Dreieck. Dieses schalkhafte Spiel zwischen alter und neuer Zeit setzt sich selbst hinter dem Hause fort, bei Brunnen und Waschhaus. Hier kokettiert das schmucke Häuschen in sieghafter Fröhlichkeit mit seinem reizenden, doppelt geschweiften Barockgiebel vollendetster Güte, wie er die Ökonomiegebäude des ,"Haltli" ziert, während drunter in lauschiger, säulengetragener Brunnennische die klassischen Götter Altgriechenlands sich niedergelassen zu haben scheinen, Aeskulap seine geheimnisvollen Künste treibt und Nymphen den sprudelnden Quell umschweben; täuscht doch das perlende, kreisrunde Brunnenbett eine griechische Opferschale vor, und urn die Rohre windet sich geschmeidig eine glänzende bronzene Schlange.

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Das Haus hat während der 180 Jahre seines Bestandes nur dreimal und nur unter den nächsten Verwandten den Besitzer gewechselt und keinerlei Umbauten erfahren.

1919 gehört es den Urenkeln des Erbauers des ,"Haltli", Dr. Konrad Schindler, Arzt in Zurich, und Rektor Dr. Wilhelm von Wyss-Schindler dortselbst. Wohl erhalten steht es da als ein wertvolles architektonisches Denkmal aus der Zeit des Uberganges vorn Stil Louis XVI. in den des Winkelmann-Diderot'schen Klassizismus.

Heute ist es ein Alters- und Pflegeheim.

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Bibliographie

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©Les châteaux suisses. Die Schweizer Schlösser. The Swiss Castles