"Beim Eintritt in den Dorfkern fällt uns ein wuchtiger Bau auf, das sogenannte "Schlössli". Mit Hilfe des Kantons und des Heimatschutzes ist das Haus fachmännisch restauriert worden, so dass es heute als eine Sehenswürdigkeit von Küblis gilt.
Der Sitz wurde im Jahre 1642 durch Dürig Enderli von Montzwick erbaut und ging dann durch Heirat an Hptm. Andreas von Sprecher über... "
So schreibt Professor Dr. Hans Plattner in Chur, im Schweizer Heimatbuch "Prättigau". - Und sicher taucht jetzt vor dem einen oder andern dieses selbstbewusste Bauwerk auf, das freilich längst in Privatbesitz übergegangen ist und das doch bis zur Gegenwart etwas von seinem herrschaftlichen Wesen beibehielt. Man braucht ja nur das markigschöne Tor des Hauptbaues zu betrachten, oder, sofern man freundlich Zutritt erhält, die barokken Täfer mit den eingebauten Möbeln zu beschauen, um zu erkennen, dass sich hier vor mehr als dreihundert Jahren ein begüterter Mann seine Heimstatt schuf. Dies bekunden ja eigentlich auch unsere Bilder.
Aber unmerklich stellen sich dem Heimatfreund gewisse Fragen. Wir haben ja in unserer langen Reihe der "Kunstdenkmäler" soviel vom Charakter der Bauwerke berichtet, dass wir uns gestatten dürfen, ausnahmsweise einmal andern Spuren zu folgen - gerade sie sind dem Berichterstatter vor vielen Jahren schon zum ErIebnis geworden. Wie uns ein kürzlicher "Hock" mit guten Kennern der Talschaft im allbekannten Kübliser Bahnhofbuffet bewies, wissen nicht einmal sie auf diese Fragen sicher Antwort zu geben.
"durch Dürig Enderli von Montzwick erbaut" woher denn dieser sonderbare Name? Und dann: Wer war der Mann, der sich solch einen herrschaftlichen Sitz leisten konnte? Und wieder: ist das Baujahr 1642 nur gerade Zufall?
Darauf ist folgende Antwort zu geben: Der bis zur Gegenwart lebendig gebliebene Name Enderli oder Enderlin ist gar nichts anderes als die im Oberwallis noch heute übliche Abkürzung für Andreas - "ünschen Aenderli isch krank koon". Und es ist nicht schwer zu schliessen, dass der einstige Vorname aus den hochgelegenen Walsersiedlungen auf Stürfis und "am Berg" ob Maienfeld im Lauf der Zeiten Sippenname wurde. So melden uns schon Urkunden aus dem Jahre 1366 einen Sohn "Hans Enderlis ab Muzzen" - das in der Gegend der Höfe auf Guscha zu suchen ist - er habe Güter in Rofels ob Maienfeld zu Lehen erhalten. Indessen kommt unsern Lesern der Ausdruck "Montzwick" sonderbar vor, bis sie erfahren, dass der Volksmund die lateinische Flurbezeichnung "Montus vicus", das heisst "Dorf am Berg" bis zur Unkenntnis abgeschliffen hat. Dorf am Berg? Unwillkürlich kommt dem Kenner der Walsergeschichte das unheimlich abseitige Walserdörflein Stürfis in der Senke zwischen Vilan und Naafkopf in den Sinn, von welchem heute lediglich mehr zerfallendes Mauerwerk steht und das doch einmal eine weltverlorene Ganzjahressiedlung mit annähernd fünfzig Firsten und einer Kapelle gewesen ist. Aber noch im 16. Jahrhundert vu ja der ganze Hang unter dem Falknis besiedelt wenn wir hören, dass "Montzwick" die Bezeichnung des jetzigen Maienfelder Ochsenberges war, dass immer noch unmittelbar darunter der "Hof" gelegen ist und dass "Peter im Hof" um 1509 als Stadtvogt von Maienfeld auftritt, kommt allmählich Licht in die Dunkelheit. Ja, dieser Peter hatte vier Söhne, Dietrich, Johannes, Thüring und Burkhart, und wenn Anno 1521 eine Urkunde aussagt, dass diese Brüder "Alpen in der Wilde auf Stürfis und auf Yes" der Bürgerschaft von Maienfeld geschenkweise überliessen und dafür das Stadtrecht und ihre Güter zu Lehen erhielten, finden wir den Weg.
Thüring Enderli von Montzwick als Sohn des obgenannten Johannes wurde Stadtschreiber von Maienfeld, von 1589-91 gar Podesta von Morbegno im Veltlin, und seinem Sohn, Thüring lII. - dem Erbauer des "Schlössli" zu Küblis - begegnen wir als Hauptmann in französischen Diensten, hernach als Obristleutnant, Podesta zu Teglio von 1639-41, drei Jahre später gar als Bundeslandammann der Zehn Gerichte und von 1649-51 als Landeshauptmann im Veltlin. Im Jahre 1604 hatte er das Licht der Welt erblickt; Anno 1653 schloss er die Augen für immer. Dass die Sippe der "Enderli von Stürfis" oder Montzwick ihren Mann stellte, ist schon daran zu erkennen, dass sie zehnmal das Podestatenamt im Veltlin in Händen trug und zwischen 1560 und 1835 die höchsten Aemter bekleidete, welche die Drei Bünde zu vergehen hatten.
Aber weshalb hat nun der verdiente Mann gerade 1642 sein "Schlössli" erbaut? Da muss man wissen, dass nach den wilden, blutigen "Bündner Wirren" am 3. Juni 1642 endlich der "Vertrag von Feldkirch" abgeschlossen wurde er verpflichtete zwar die Gerichte zur Huldigung vor der österreichischen Herzogin Claudia (die nie erfolgte!), bestätigte zugleich jedoch alte ehemaligen Rechte der Gerichtsgenossen, inbegriffen die Beibehaltung des reformierten Bekenntnisses. Und als dann am 10. Juni 1649 die Gerichte Davos, Klosters, Castels, Schiers-Seewis und Churwalden, drei Jahre später auch die übrigen Gerichte den "Auskauf" vollzogen, kehrten sie zurück zur früheren Selbstverwaltung in allen Teilen. - Wir gehen kaum fehl, wenn wir vermuten, Thüring (mundartlich "Dürig") Enderli von Montzwick habe nur diese "bessern Zeiten" abgewartet, mit seine Hausbaupläne zu verwirklichen. Seine Tochter Margaretha brachte das "Schlössli" dann als Heiratsgut an ihren Gatten Hauptmann Andreas Sprecher von Bernegg (1644-1707), und wenn wir das stolze Doppelwappen im Vorderzimmer des ersten Stockwerkes betrachten, dann mag uns die Erinnerung an die feinen Fäden kommen, die bis zur sagenumwobenen Walser Siedlung Stürvis, vielleicht zum Liebespaar Elli und Oswald oder gar in die Urheimat der Walser reichen, wo heute noch das "Naani " seinem Enkel " Aenderli ! " ruft.
Die reichsten Täfer befinden sich in dem Teil östlich des Korridors: decken mit flachen Kassetten und kräftigen Muscheln, geschnitzte Türrahmen mit Greifenmotiven.
Der letzte Adlige "Enderli von Montzwick", seines Namens Johann Theodor, schloss seine Augen Anno 1837 zu Maienfeld - man sagt, er sei der letzte gewesen, der bis zu seinem Tod als Zeichen seiner Würde die von altersher überlieferten Schnallenschuhe getragen habe. Das "Schlössli" aber ging im Lauf der Zeit von Hand zu Hand. Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist es im Eigentum der familie Clavadätscher und deren Nachkommen, der Familie Gaehler, wenn man weiss, dass ja die "Klavadätscher" von Altersher zu den eingesessenen Kübliser Geschlechtern zählen, braucht man sich um den "Geist des Hauses" nicht zu sorgen.
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