Sankt Gallen: Schloss Steinerburg (en français)

Auf einem Sporn gegen die Steinach und eine halbe Wegstunde oberhalb des gleichnamigen Dorfes, ehemals wohl auf der Nordseite durch einen Halsgraben vom Plateau abgetrennt, erhebt sich die Ruine der Steinerburg. Sie besteht aus einem grossen „Turmhaus“ von 25.7 auf 24.2 Meter im Geviert, wobei die Südostecke, weil in das Tobel abgestürzt, nicht mehr genau rekonstruierbar ist. Am besten sind noch die West- und die Nordmauer, knapp zwei Stockwerke hoch, erhalten. Abbildungen aus der Zeit um 1830 zeigen eine intakte Burg mit einem auf horizontalen Balken liegenden, vorkragenden Obergaden in Fachwerkmanier, der allerdings kurz hernach abgebrochen worden ist, was dann zu einem schnellen Zerfall der Anlage führte. Die Mauerstärke schwankt im Fundament um die zwei Meter. Der Fundamentvorsprung und die Balkenlöcher im Innern lassen noch sicher zwei Stockwerke und wohl ein Kellergeschoss ablesen. Die Eckverbände zeigen guten Kantenschlag mit Saum und Bossen. Die Nordwand weist im Erdgeschoss und im ersten Stock je zwei schmale Fensterchen mit Rundbogenabschluss auf. Im östlichen Dritte ist, auf Grund der Fenstereinteilung, die Stockwerkgliederung in der Höhe verschoben. Der ebenerdige Luftschlitz mit flachem Plattenabschluss liegt tiefer, und ebenfalls tiefer liegt dort das erste Stockwerk mit etwas breiterem Rundbogenfenster mit gespaltenem Sturz. Sämtliche Fenstergewände sind in Sandstein fein bearbeitete und weisen in die Zeit um 1200 bis 1230. in der Westwand sind im Erdgeschoss zwei analoge Rundbogenfenster, nach innen sich weitend, erhalten. Zwei wohl symmetrisch darüber liegende sind ausgebrochen. Die ehemalige Lage lässt sich aber erahnen. Das im Süden vorhandene Tor ist in einer jüngeren Phase ausgebrochen worden, denn der ehemalige Hocheingang befand sich auf der Südseite und war der Angriffsseite abgewandt. Heute ist davon allerdings nur noch die alte Steinschwelle auf rund 5.5 Metern Höhe mit dem Loch für den Drehzapfen der Tür erhalten. Der innere Bereich war einst durch verschiedene Mauerzüge unterteilt. Ansätze sind noch sichtbar. Eine genaue Gliederung und Raumzuteilung lässt sich aber nicht ablesen. Die Baugeschichte der Anlage ist noch nicht absolut klar. Die Burg ist 1976 von der kantonalen Denkmalpflege unter der örtlichen Leitung von Franziska Knoll-Heitz sehr gut gesichert worden. Leider war es damals nicht möglich, die notwendigen archäologischen Untersuchungen gleichzeitig durchzuführen.

Auf Grund intensiven Studiums der Originalsubstanz und der bildlichen und zeichnerischen Vorlagen neigt man zur Ansicht, dass einst ein Turm von geringerem Ausmass existiert haben muss. Darauf deuten mehrere Mauerabsätze im Innern und in der Wand als Spolien eingesetzte Eckquadern hin. Da aber keine Mauerfugen, weder aussen noch innen, feststellbar sind, muss man annehmen, die Burg sei einmal erobert, gebrochen und dann wieder aufgebaut und gleichzeitig erweitert worden. Es fehlen auch sämtliche Hinweise auf eine Ringmauer oder auf einen Burghof. Die Eckverbände und die Fenstergewände der heutige Anlage lassen eine Bauzeit um 1230 annehmen. Die eben angedeutete Zerstörung, die sich aber auf Grund schriftlicher Quellen bis jetzt nicht nachweisen lässt, müsste also vorher stattgefunden haben.

Gegen 1200 erbauten die Herren von Steinach auf Eigengut die Burg. Sie waren offensichtlich Dienstleute der Bischöfe von Konstanz, welche hier schon seit dem 9. Jahrhundert Vogteirechte und Zinnsleute besassen. 1209 lassen sie sich urkundlich erstmals fassen. Ihr Wappen, eine sechssaitige Harfe, ist in der Wappenrolle von Zürich, um 1330, vermerkt. Auch Rudolf von Ems, 1220 bis 1250, einer der grossen Vertreter mittelhochdeutscher Dichtung, gedenkt der Herren von Steinach. Sein erstes erhaltenes Werk, „der guote Gerhart“, entstand auf Anregung Rudolfs von Steinach. Im Epilog berichtet der Dichter, wie er zum Stoff gekommen ist: „der seit ez ze maere, dem werden Steinachaere, Herrn Rudolf, dem genamen min. der bat mich durch den willen sin ditz maer in tiutsch berihten, in rehte rime tihten.“ („Der erzählt die Geschichte dem Herrn Rudolf von Steinach. Der bat mich, die Geschichte in rechte deutsche Reime zu fassen“).

Da auch das Kloster St. Gallen in dieser Gegend Besitzungen hatte – Steinach war längere Zeit der Hafenplatz des Klosters für die Abgaben seiner Güter jenseits des Bodensees -, kam es dauernd zu Reibereien zwischen dem Stift und der Abtei, bis offensichtlich zu Beginn des 13. Jahrhunderts eine Abgrenzung und Ausscheidung des Besitzes stattfand. Es wäre möglich, dass bei diesen Auseinandersetzungen die Burg einmal gebrochen wurde. 1222 nennen die Quellen einen Wilhelm von Steinach, Dienstmann des Klosters St. Gallen. Und fortan blieb auch die Herrschaft und Burg im Interessenbereich der Abtei, wenngleich das Hochstift Konstanz immer wieder seine rechte auf die Burg anmeldete. Bis zu Beginn des 14. Jahrhunderts hausten die von Steinach auf ihrer angestammten Burg. Um 1400 trat Konrad mit der Burg in das Burgrecht der Stadt St. Gallen, nachdem bereits früher mehrere seiner Vorfahren Bürger geworden waren und wichtige Stellungen innegehabt hatten. Einzelne wurden äbtische Hofmeister; einer davon war in dieser Funktion äbtischer Gesandter bei der Eidgenössischen Tagsatzung. Johann II von Steinach war Stadtammann von St. Gallen und fiel im Schwäbischen Städtebundkrieg in der Schlacht von Altheim. Offenbar schloss sich aber der vorerwähnte Konrad während der Appenzellerkriege nicht der Politik der Bauern an, denn 1405 eroberten St. Galler den Wohnsitz des äbtischen Lehensmannes und Gegners und legten bis 1407 eine Besatzung hinein. Erst nach der Niederlage der Appenzeller bei Bregenz im folgenden Jahr gaben die Eroberer dem Besitzer sein Eigentum zurück. Wenig später war Konrad gezwungen, aus wirtschaftlichen Gründen seinen Besitz zu verkaufen, nachdem er nach eigenen Angaben die Burg vorher angezündet hatte. Damit lassen sich wohl auch die vom Brand geröteten Steine im Innern erklären. Über Konrads Stiefkinder gelangte 1432 die Herrschaft in den Besitz der Familie Watt aus St. Gallen, welche bereits Jahre vorher die Burg Rebstein erworben hatte. Zwischen 1450 und 1565 waren die Stadt und die Abtei wechselweise durch Kauf Besitzer der Herrschaft. Von diesem Zeitpunkt an verblieb sie, kein adeliges Lehen mehr, wohl dem Kloster bis zur Französischen Revolution. Zur Bewirtschaftung überliess man Burg und Herrschaft den dort ansässigen Bauern. Erst als 1805 der ehemalige Stiftbesitz vom neuen Kanton liquidiert wurde, gelangte die Burg an Private. Zurzeit ist die Burg Eigentum der Familienstiftung Pfauenmoos der Freiherren von Heyl zu Herrnsheim.

Bibliographie

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Grynau

©Les châteaux suisses. Die Schweizer Schlösser. The Swiss Castles