Zwischen Sargans und Buchs, auf dem markanten St. Martinsberg im Rheintal, steht, weithin talauf- und talabwärts sichtbar, die imposante Ruine Wartau. Die zentrale Hauptburg besteht aus einem mächtigen Wohntrakt. Poeschel schwankt in seiner Auslegung zwischen zwei Begriffen, einem Turmhaus oder zwei Türmen. Es scheint sich aber unseres Erachtens eher um ein riesiges Turmhaus zu handeln, denn bei einer Begehung der Burg sie war gerade innen und aussen für eine Rennovation eingerüstet zeigte sich, dass die grosse Trennwand später eingefügt worden ist. Sie befindet sich nicht im Verband mit der mächtigen Aussenmauer, lässt sich doch die Baufuge vom Fundament bis hinauf in den vierten Stock eindeutig verfolgen. Wir haben es demnach mit einer ähnlichen Anlage wie bei der Steinerburg und der Gräpplang zu tun. Vor allem die Steinerburg scheint in der gleichen Epoche, im frühen 13. Jahrhundert, in dieser Form erbaut worden zu sein. Im Innern der Wartau ist auch über weite teile der Kalkmörtel mit dem Fugenstrichverputz, wie er sich bei Gräpplang oder bei Alt-Regensberg nachweisen lässt, vorhanden. Man vermisst ihn lediglich im nördlichen Bau im Erdgeschoss, das wohl nie bewohnt war, fehlen dort doch auch die entsprechenden Luft- und Lichtschlitze. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass sich hier nicht das Verlies, wie allgemein angenommen, sondern direkt unter der Küche der Keller, die Speisekammer, befand. Der eine Teil steht noch vier, der andere fünf Stockwerke hoch. Die Geschosse lassen sich eindeutig nach den Lichtöffnungen und den Balkenlagen unterscheiden. Vom zweiten bis zum vierten Stock sind die beiden Wohnteile mit Durchgängen verbunden. Auch der alte Hocheingang ist in der Westmauer noch vorhanden. Bemerkenswert sind ein Kamin, bogenförmige Nischen als Rauchabzüge und eine in die Mauer im rechten Winkel eingelassene Abortnische. Eine ähnliche Anlage ist noch teilweise im schloss Greifensee erhalten. Im vierten und fünften Stockwerk sind dreiteilige Rundbogenfenster mit Tuffgewände und solche mit geraden Stürzen sichtbar.
Die Burg, wohl im frühen 13. Jahrhundert errichtet, wurde um 1400 um ein Stockwerk erhöht. Einmal verwendeten die Baumeister zuoberst Bollen und nicht Tuffsteine wie in den unteren Stockwerken, und zum anderen ist an einem Gebäudeteil noch der vermauerte Zinnenkranz zu erkennen. Auch haben sich Spuren erhalten, welche darauf hinweisen, dass dieser Teil mit einem Satteldach gedeckt war.
Um diesen Zentralbau zieht sich der Höhenkurve entlang, heute weitgehend durch Wald verdeckt, eine weitgespannte Ringmauer. Innerhalb des durch sie gebildeten Hofes befanden sich die Ökonomiegebäude und die Zisterne. Der heutige Zugang ist neu ausgebrochen. Unter der Grasnarbe lassen sich an der Südseite des Hauptgebäudes noch Mauerfundamente von Nebengebäuden vermuten. Einen graben besass die Anlage nicht. Das Umgelände fällt ausserhalb der Ringmauer dermassen schroff ab, dass die Erbauer sich diese Wehrverstärkung sparen konnten.
Im 13. Jahrhundert setzten sich die Herren von Wildenberg auf dem St. Martinsberg fest. Sie besassen ihre Stammgüter und ihre wirtschaftliche Grundlage im Raum Ilanz und Flims und suchten sich rheinabwärts nach Norden auszudehnen. Als erstes hatten sie die Grossanlage Freudenberg bei Ragaz errichtet und waren nun daran, mit der Wartau, wohl auf Rodungsland, einen zweiten Stützpunkt für ihre Expansionspolitik zu errichten. Dem Geschlecht war aber kein nennenswerter Erfolg beschieden. Mit Freudenberg gerieten sie in scharfe Konkurrenz zu den Grafen von Werdenberg-Sargans.
Durch Erbschaft gelangte die Wartau mit der Herrschaft an die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg. Deren Vettern, die in der Nähe ansässigen Grafen von Werdenberg-Sargans, denen die Wartau, gut sichtbar von ihrer feste aus, schon immer ein Dorn im Auge war, suchten sich 1393 mit Gewalt der Burg zu bemächtigen, was ihnen auch nach elftägiger Belagerung gelang. Der Besitz blieb ihnen aber nur sechs Jahre erhalten und musste an die Werdenberger zurückgegeben werden. Bereits 1402 mussten diese, in finanzielle Schwierigkeiten geraten, die mächtige Anlage an das Haus Österreich verpfänden. Österreich gab seinerseits das Pfand mehrmals weiter, so 1414 an den Grafen Friedrich VII von Toggenburg, 1429 an dessen Schwager Graf Bernhard von Thierstein und hernach an Georg Schenk von Limburg. Als letzte Pfandnehmer traten 1470 die Grafen von Montfort-Tettnang auf, welche seit 1404 auf schloss Werdenberg sassen. Durch Kauf wechselte die Herrschaft Wartau innerhalb von knapp 40 Jahren dreimal die Hand. Sax-Misox, die Herren von Kastelwart und das Hochstift Chur waren nacheinander Besitzer. Sogar Luzern hatte sie für kurze Zeit als Pfand inne. 1517 endlich kauften die Glarner die Grafschaft Werdenberg. Die Herrschaft Wartau, die dazugehörte, wurde, weil der glarnerische Landvogt auf Schloss Werdenberg residierte, für die neuen Herren nutzlos und zerfiel mehr und mehr. Mit der Bildung des neuen Kantons St. Gallen kam die Burganlage in dessen Besitz. 1931 erst wurden grössere Sicherungsarbeiten durchgeführt. Der Bund stellte finanzielle Mittel zur Verfügung. Im Sommer 1982 ist der wuchtige Wohntrakt einer umfassenden Rennovation aussen wie innen unterzogen worden. Sorgfältig wurden alle alten Elemente erhalten und gesichert. Eine archäologische Sondierung im Innern wie im Burghof drängt sich auf.
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