Ticino Tessin : Magliaso

San Giorgio (en français)

Rund um den Luganersee wurde im Lauf des Mittelalters eine ganze Anzahl Burgen errichtet. Von diesen sind heute die meisten zerstört und verschwunden, wobei viele erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts, als das Sottocenere an die Eidgenossenschaft kam, ihren Untergang fanden. Besonders zahlreich waren die mittelalterlichen Wehranlagen im Raum von Ponte Tresa. So gab es allein bei Magliaso einst drei Burgen. Die eine lag unmittelbar am See, wo noch heute der Ortsname Castellazzo an die ehemalige, nun freilich verschwundene Befestigung erinnert, die zweite, in Urkunden des 12. Jahrhunderts bezeugt, erhob sich bei Caslando, und die dritte, das Castello di S. Giorgio, steht auf einem Hügel unmittelbar über dem Dorfkern von Magliaso. Auf den ersten Blick erkennt man im Gebäudekomplex des Castello oberhalb der Kirche S. Biagio wenig burgartige Elemente, wurde die Anlage doch im Verlauf des 17. Jahrhunderts zu einem herrschaftlichen Landsitz ohne Wehrcharakter umgebaut. Schon im ausgehenden Mittelalter war von der einstigen Burg nur noch der Hauptturm erhalten. Dieser aber steht noch heute, wenn er auch durch seine Einbeziehung in den neuzeitlichen Schlossbau seinen ursprünglichen Trutzcharakter einbüsste. Unter dem modernen Verputz zeichnen sich deutlich mittelalterliche Bauelemente ab, der zugemauerte Hocheingang, Reste von Balkonen und Erkern, einzelne Schartenfenster.


Das Innere des Turms geht auf die Umbauten des 17. Jahrhunderts zurück, auch scheint das oberste Geschoss erst nachträglich aufgesetzt worden zu sein. Dagegen finden sich an der Südfront des Turms auf dem originalen Verputz die Reste einer Fassadenmalerei, die sich einst als breites Band um die vier Seiten des Turms herumgezogen hat. Die erhaltenen Reste zeigen herzförmige Blattornamente und Rundmedaillons, die mit den Darstellungen von Tieren, Linien und Blattmustern gefüllt sind. Dieses Fresko gehört ins späte 12. oder ins 13. Jahrhundert und zählt damit zu den ganz wenigen Beispielen romanischer Wandmalerei an Profanbauten der Schweiz. Wesentlich jüngeren Datums ist die aus Backstein gefertigte Pfefferbüchse an der Nordostecke des Turms.

Verschwunden sind die Gräben und Abschlussmauern, die einst auf der nach Osten gerichteten Bergseite des Geländesporns die Burganlage vor feindlicher Annäherung schützten. An ihrer Stelle erhebt sich jetzt eine weitläufiges bäuerliches Hofgut. In dessen Grundmauern mögen noch Reste mittelalterlicher Bauten stecken, ebenso im Unterbau des westlich an den Turm angrenzenden Trakts aus dem 17. Jahrhundert. Der schlechte Zustand des Gebäudekomplexes, vor allem des mittelalterlichen Wohnturms, ruft dringend nach einer gründlichen Restaurierung. Diese würde auch Gelegenheit bieten, auf dem Burgareal Bauuntersuchungen und archäologische Grabungen durchzuführen, die wesentliche Aufschlüsse über die Anfänge der Feste vermitteln könnten.

Schriftliche Nachrichten über das Castello di S. Giorgio liegen nur spärlich und in lückenhafter Abfolge vor. Nicht einmal für den Burgnamen S. Giorgio findet sich eine sichere Erklärung. Wohl ist er bereits 1096 urkundlich bezeugt, doch über den Standort einer Georgskirche in Magliaso ist nichts bekannt. An der Stelle der heutigen Barockkirche S. Biagio unterhalb de Burg erhob sich bis 1680 eine dem St. Quirinus geweihte Kapelle. Möglicherweise stand im Areal der schon 1033 urkundlich erwähnten Burg eine Georgskapelle, die der Feste den Namen gab.

Wie diese älteste Burg aussah, entzieht sich unserer Kenntnis. Der Turm, der einzige erhaltene Bauteil mittelalterlicher Zeitstellung, ist kaum vor das 12. Jahrhundert zu datieren. Was wir somit an älteren Nachrichten über das Castello di S. Giorgio besitzen, muss sich auf eine heute verschwundene, durch jüngere Neubauten ersetzte Burganlage beziehen. Schon im 10. Jahrhundert waren in Magliaso Güter und Rechte im Besitz des Klosters San Pietro in Ciel d'Oro zu Pavia nachgewiesen, die zu einem herrschaftlichen Hof gehörten. Einheimische Herren der langobardischen Oberschicht waren bereits um 800 in Magliaso ansässig gewesen. Sie mögen, gestützt auf eigenen Grundbesitz und auf die Verwaltung der Klostergüter, eine kleine Grundherrschaft aufgerichtet haben, als deren Mittelpunkt spätestens um die Jahrtausendwende die Burg von S. Giorgio entstand. Noch im 11. Jahrhundert muss diese Burg an die Bischöfe von Como übergegangen sein. Denn in den Wirren des Investiturstreits zog sich der Kaiser Heinrich IV eingesetzte, vom Papst exkommunizierte Comasker Bischof Landolfo de Carcano auf die Burg von Magliaso zurück. Truppen der Stadt Como näherten sich 1118 der Feste und nahmen nach harter Belagerung den Bischof gefangen. Er wurde erst nach längerer Haft anlässlich eines Feldzugs der Mailänder gegen Como wieder befreit, starb aber kurz darauf.

Nach diesen Vorgängen aus dem frühen 12. Jahrhundert schweigen sich die Quellen für längere Zeit über die Burg zu Magliaso aus. Wohl sind im 13. Jahrhundert verschiedene adlige Grundherren in Magliso bezeugt, vorwiegend Angehörige des Stadtadels von Como, doch ist von ihnen nicht bekannt, ob sie in der Gegend bloss Güter und Einkünfte besassen oder sich im Besitz der Burg befanden. Irgendwann im Verlauf des 13. Jahrhunderts muss das Castello di S. Giorgio an eine Linie des weitverzweigten Geschlechts der Rusca gelangt sein. Damals gehörten zur Burg umfangreiche Güter in der näheren und weiteren Umgebung des Malcatone. Freilich hielten sich die Rusca nur selten auf der Burg von Magliaso auf. Meistens lebten sie in Lugano oder in Como. Die Linie der Rusca von Magliaso ist urkundlich bis ins ausgehende 15. Jahrhundert zu verfolgen, dann verliert sich ihre Spur.

Mit dem Übergang des Sottocenere an die Eidgenossenschaft büsste das Castello di S. Giorgio seine Bedeutung als Herrschaftszentrum ein und wurde zum privaten Landsitz. Diesen erwarb im Jahr 1667 Karl Konrad von Beroldingen von einem gewissen Giovanni Maria Castoreo. Dem neuen Besitzer, einem prominenten angehörigen des Urner Patriziats, sprachen die eidgenössischen Orte die niedere Gerichtsbarkeit zu, wodurch sich zu Magliaso eine kleine Familienherrschaft der Beroldingen bildete. Karl Konrad baute um den mittelalterlichen Turm herum das neuzeitliche Schloss. Er stiftete, wie aus einer Inschrift über dem Portal hervorgeht, auch die barocke Kirche S. Biago unterhalb der Burg. Zur Verwaltung ihres herrschaftlichen Besitzes zu Magliaso setzten die Beroldingen einen Podestà ein. Im 18. Jahrhundert wechselte das Schloss mehrmals den Besitzer. Es befindet sich noch heute in privater Hand. Die von Karl von Beroldingen nach 1680 errichteten Schlossbauten sind zu Beginn unseres Jahrhunderts teilweise niedergelegt worden.

Bibliographie

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Grynau

©Les châteaux suisses. Die Schweizer Schlösser. The Swiss Castles