Uri Schloss Rudenz (Flüelen) (en français)

Jenseits des Bahngeleises des Bahnhofs Flüelen, hart an der Durchgangsstrasse gelegen, erhebt sich als Wahrzeichen des Ortes das Schlösschen Rudenz. Den Kern des Baus bildet der alte Turm zu Flüelen, an welchen im Mittelalter der Reichszoll gebunden war. Die heutige Form des Turms stammt aus dem 17. Jahrhundert: auf einem Fresko aus der alten Tellskapelle, das nun im Schloss A Pro aufbewahrt wird, ist auf dem Turm das jetzige Viergiebeldach sichtbar, jedoch mit einer Pyramide bekrönt. Um den Turm herum verlief ein Pultdach. Im 18. Jahrhundert wurden die Terrassen angelegt und neue Fenster eingebrochen. Die Anlage dürfte mit dem festen Turmblock und dem verjüngten Oberteil in ihrem aussehen fast unverändert in unsere Zeit gekommen sein. Der Grundriss des Bauwerks besteht aus einem Rechteck von 11.5 auf 14 Meter. Die Mauerstärke des Gebäudes ist unterschiedlich; an der Ostseite beträgt sie 2.5 Meter, an den restlichen drei Seiten 1.8 Meter. Früher zierte ein zeltartiges Spitztürmchen den Bau. Im Lauf der Jahrhunderte ist der bis zum Urnerseee reichende Schlosshof stark verkleinert worden. Die Umfassungsmauern, die an den Ecken Türmchen aufwiesen, sind bis auf wenige Reste niedergerissen worden. Das Spitztürmchen wurde von einem Zwiebelturm abgelöst. Im 19. Jahrhundert wurden verschiedene Fenster neu eingebrochen und andere zugemauert. Durch den Bau der Gotthardlinie wurde das Gelände nochmals stark beschnitten. Im Turm befinden sich heute elf Zimmer, ein Saal und eine grosse Küche sowie verschiedene Kellerräume. Anlässlich der Restaurierung von 1931 ist das ursprüngliche Mauerwerk wieder sichtbar gemacht worden, indem am unteren Teil des Turmsockels der neue Verputz abgeklopft wurde.




Die Ursprünge der Familie Rudenz, die dem Turm von Flüelen den Namen gab, sind im Haslital zu suchen . Dort besass sie im Dorf Meiringen ihre Stammburg, von der heute nur noch der Flurname Rudenz zeugt. Der Stammvater des Geschlechts, Ritter Heinrich von Ruttenze (1252-1272), war ein Ministeriale der Freiherren von Brienz-Ringgenberg, von welchen die Familie Rudenz noch bis ins 14. Jahrhundert hinein verschiedene Lehen empfing. Bereits in den Jahren 1314 und 1323 zahlen dann die Söhne Heinrichs Zinsen von Gütern in Giswil an das Kloster Luzern und das Stift Beromünster. 1314 wies der Flurname Rudenz in Giswil auf ihren Burgsitz hin, der heute noch als Ruine sichtbar ist. Um 1347 erwarb das Geschlecht als österreichisches Lehen das Meieramt von Giswil, mit dem die Ausübung der hohen Gerichtsbarkeit verbunden war. Heinrich III heiratete die Tochter des Freiherrn Werner II von Attinghausen. Seine drei Söhne aus dieser Ehe verkauften gemeinsam mit ihrem Neffen das Meieramt von Giswil an die Herren von Hunwil und wurden dafür von Herzog Rudolf IV 1361 mit dem Hof Alpnach belehnt. Einer dieser Söhne, Jost, erschlug 1360 seinen Schwiegervater Rudolf von Erlach, den Helden der Schlacht bei Lauben. Dieser Mord hat die Entstehen vieler Sagen begünstigt, die dann später mit dem Turm zu Flüelen in Verbindung gebracht wurden. Nach dem Tod Johanns von Attinghausen fiel den Rudenz bald das grosse Erbe der Attinghausen zu, denn Johanns Schwester Ursula, mit Johann von Simpeln verheiratet, und ihre Sohn lebten nicht lange. Der Antritt des Erbes aber war an schwere Bedingungen geknüpft. So musste die Hälfte des Reichszolls zu Flüelen, der den wichtigsten Bestandteil der Erbmasse bildete, an die Landleute von Uri abgetreten werden. Ferner erforderte die Ablösung der auf dem Zoll lastenden Hypotheken den Verkauf der meisten Güter. Nachdem die Erben endlich 1365 die Erbschaft angetreten hatten, erliess am 1. Juli 1367 die Landesgemeinde das erste Landrechts- und Amortisationsgesetz, wonach liegende Güter weder an Auswärtige noch an Klöster verkauft werden durften. Die Verschärfung des Gesetzes, wonach selbst Landleute, die weniger als zehn Jahre im Lande ansässig waren, ihre Güter an Alteingesessene zu verkaufen hatten, konnten die Rudenz umgehen. Auf welcher Weise dies gelang, ist unklar. Vermutlich halfen ihnen dabei ihre Verwandten von Moos und Silenen Darauf nahmen die Rudenz im Turm von Flüelen im Kanton Uri Wohnsitz. Johann von Rudenz, mit einer Freifrau von Sax-Misox verheiratet, erwarb das Urner Landrecht erst in den siebziger Jahren. Schon wenige Jahre später festigte sich seine Position im Lande so sehr, dass er in den Urkunden als Zeuge sogar vor dem amtierenden Landammann Konrad der Frauen und dem Meier von Erstfeld aufgeführt wird. Er wirkte als Schiedsrichter bei Streitigkeiten, als Zeuge bei Beschlüssen und nahm als Urner Tagsatzungsbote und Schiedsrichter 1381 am Ringgenberger Handel teil. Er scheint als letzter seines Geschlechtes noch vor 1383 gestorben zu sein.

Das frühe Aussterben der Familie Rudenz, die zu umfangreichen Güterverkäufen gezwungen war, um die attinghausische Erbschaft überhaupt antreten zu können, verhinderten den politischen Aufstieg des Geschlechts. Auf Druck der Ansässigen hatte sie ihre neu erworbenen Rechte und Besitztümer in Uri nicht in vollem Umfang nutzen können. Die Nutzniesser und deshalb auch die Urheber dieser Entwicklung waren nach Peter Hubler vor allem die Meier von Erstfeld, die dann als Landammänner und als Meier von Erstfeld und Bürglen die politische Führung im Lande Uri übernahmen.

Die Geschichte der Burg Rudenz ist gleichzeitig die Geschichte des Reichszolls zu Flüelen. Mit dessen Errichtung im frühen 13. Jahrhundert dürfte auch der Turm gebaut worden sein, denn die Zollrechte waren offenbar an den Turm gebunden. Auf nicht ganz geklärte Weise sind der Zoll um 1300 an die Freiherren von Attinghausen über. Erst zur Zeit Johanns wurden die Verhältnisse durchsichtiger, denn seit 1337 erschien dieser als Inhaber des Reichszolls. Dieses Recht warf nicht nur Erträge ab, sondern war auch mit dem Besitz von Liegenschaften, so der Sust von Flüelen, verbunden. 1313 hatte Werner von Homberg als Dank für seine Verdienste von Kaiser Heinrich VII 1000 Mark Silber versprochen erhalten mit dem Recht, von den Erträgen seiner Zollstation zu beziehen bis zur Höhe der genannten Summe. Nach der königlichen Doppelwahl von 1314 wechselte Graf Werner die Partei, trat zu Habsburg über, und noch vor der Schlacht bei Morgarten vermachten sich die Stiefbrüder Graf Werner von Homberg und Graf Johann von Habsburg gegenseitig ihre Reichslehen, darunter auch den Reichszoll zu Flüelen. Nach Werners frühem Tod fiel der Zoll denn auch an Johann von Habsburg-Laufenburg. Die Urner Landsleute müssen ihn dem Günstling Ludwigs, Winand dem Boch, vorgezogen haben, denn trotz dem Abfall Werners blieb der Zoll bei Johann von Habsburg, der ihn 1337 für ein fünfjähriges Hilfsversprechen zur Hälfte dem Urner Landammann Johann von Attinghausen verlieh. Ludwig der Bayer bequemte sich nun dazu, Johann von Attinghausen den Zoll zu verleihen, mit der Auflage, ihm zwanzig Bewaffneten einen Monat lang in Deutschland oder in der Lombardei zu dienen. Auch der nächste König, Karl IV, bestätigte Johann von Attinghausen den Zoll als Erblehen. Nach Johanns Tod bemühten sich einerseits seine Erben und die Landsleute von Uri, andererseits die Grafen von Habsburg-Laufenburg um den Zoll von Flüelen. Nach dem frühen Tod Ursulas von Simpeln, der Schwester Johanns, traten die Rudenz das Erbe an. Eine weitere Schwester Johanns hatte sich mit Heinrich III von Rudenz verheiratet. Die Erben Johanns bestätigten am 19. Juni 1365 die Abtretung des Zolls an die Urner. Dafür sollten diese keine steuern auf die andere Hälfte des Zolls legen und sie bei Einsprachen schützen. So gelang es den Urnern, sehr zum Unwillen der Habsburger, den Zoll stückweise fest in ihre Hand zu bringen.

Nach verschiedenen Besitzerwechseln kam das Schlösschen Rudenz 1815 in die Hand der Familie Zgraggen. Diese liess das baufällig gewordene Gebäude in bewohnbaren Zustand setzen, füllte die Gräben auf, reparierte schadhafte Mauerpartien und legte einen prachtvollen Garten an. Leider ist der weitläufige Besitz durch den Strassen- und Schienenbau flächenmässig stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Das Schlösschen befindet sich noch heute im Besitz der Familie Zgraggen.

Bibliographie

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©Les châteaux suisses. Die Schweizer Schlösser. The Swiss Castles