Weitere Luftaufnahmen von Igis
Ehemaliges Wasserschloss in der Rheinebene ca. 1 km nordöstl. Igis. Das Schloss liegt knapp 250 m vom Fuss der steil ansteigenden, rechten Talflanke entfernt.
Die mittelalterliche Burganlage beschreibt im Grundriss ein regelmässiges Rechteck von ca. 34 auf 39m. Als Annäherungshindernisse zwei im Rechteck angeordnete Gräben mit Zwischenwall. Der äussere Graben auf der W-Seite zugeschüttet. Grabensohlen und Zwischenwall von unterschiedlicher Breite. Die Gräben heute trocken. Ursprünglich mit Wasser gefüllt. Dessen Herkunft ist eher in Hangquellen östl. der Burg zu suchen als in der Landquart, von der aus vom Ausgang der Prättigauer Klus her ein aufwendiger, mind. 2 km langer Kanal erforderlich gewesen wäre.
Um das Mauergeviert der Burg zieht sich eine knapp 10m breite Berme, die gegen den inneren Graben von einer Futtermauer umgeben ist. Der Gebäudekomplex der Burg hat trotz vielen Eingriffen des 17. bis 20. Jahrhunderts das Baukonzept und bedeutende Mauersubstanz aus dem Mittelalter bewahrt. Frontaler Zugang von W her. Anstelle einer ursprünglich Wohl mobilen Brücke über den inneren Graben jetzt eine solide Steinbrücke, wohl aus dem 17. Jahrhundert. Die äussere Futtermauer auf der W-Seite des Innengrabens vermutlich ebenfalls erst aus dieser Zeit. Die umlaufende innere Futtermauer heute nur noch in Brüstungshöhe erhalten. Eine Abbildung von ca. 1650 zeigt einen Uberhöhten Bering mit polygonalen Eckturmchen und frei stehendem Portal (um 1635).
Zustand um 1775 von Wolfgang Wanner
Das Mauergeviert des Hauptbaus aus plattigem Bruchstein in eher unregelmässigem Verband. Zahlreiche Flickstellen. Vier runde Ecktürme, der südöstl. mit grösserem Durchmesser (11 m) als vollständiges Rund aufgeführt, die drei anderen ursprünglich als Schallentürme konzipiert (Durchmesser 8,7 m). Der heutige, leicht vorkragende Oberbau uber dem südöstl. Hauptturm erst 1905 aufgesetzt. Ursprünglich Zinnenkranz mit Wehrplatte, darüber Kegeldach. Die Schalentürme anfanglich vielleicht nur mit Zinnenkranz ohne Dachaufsatz. Die Kegeldächer in der heutigen Form bereits für das 17. Jahrhundert belegt. Die gelb-schwarz gestreiften Klappläden in den Zinnenscharten 1905 rekonstruiert.
Die Fenster- und Türöffnungen im Mauergeviert neueren Datums, teils erweitert oder umgebaut, teils erst nachträglich eingebrochen. Das Tor in der Mitte der W-Front neuzeitlich, auf der Abbildung von ca. 1650 ist der alte Eingang weiter südl. eingetragen. Der Treppenvorbau an der S-Front modern.
Am südöstl. Hauptturm Gruppe von drei schmalen Spitzbogenfenstern. Stark restauriert, aber zum mittelalterlichen, wenn auch nicht unbedingt zum ursprünglichen Bestand gehörend.
Im NE-Turm Schüttstein und vermauerte Scharten mit Tuffsteineinfassungen.
Die Gebäude im Innern des Mauergevierts um einen zentralen Innenhof gruppiert. Auf dessen N-S-Achse ein Brunnenschacht von 17 m Tiefe. Die Anordnung der Gebäude entspricht der mittelalterlichen Konzeption. Die Bausubstanz aber mehrheitlich 17./18. Jahrhundert. Mittelalterliche Mauerteile wohl im Fundamentbereich sowie im aufgehenden Gemäuer des E-Traktes, wo sich zwei spitzbogig abgeschlossene Schartenfenster befinden.
1460 Verwüstung der Burg durch einen Brand. Vom anschliessenden Wiederaufbau haben sich keine sichtbaren Spuren erhalten. Nach 1600 Verwahrlosung der Anlage, dann um 1635 Erneuerung und Ausbau zum neuzeitlichen Schloss. Die Graben schon im 16. Jahrhundert ausgetrocknet. Der Ausbau von ca.1635 unter Marschall Ulysses von Salis führte zur Niederlegung der ruinösen Innenbauten. E-, W- und N-Trakt unter Einbeziehung der alten Türme neu aufgeführt. Reich ausgestattete Innenräume, u.a. das «Marschallzimmer», die «Offiziersstube», das «Goldene Stübli» (oder «Salisstübli»). Bedeutende Täfer, Kassettendecken, Malereien und Öfen. In der Schlosskapelle, eingerichtet 1771 im Hauptturm, Glasgemälde aus der Mitte des 17. Jahrhunderts.
Der nach den Umbauten des 17. Jahrhunderts frei gebliebene Raum längs der südl. Umfassungsmauer 1771 durch einen Riegelbau von ca. 4m Breite geschlossen. Die heutige Gestalt des Schlosses beruht auf einem Umbau von 1905.
Der Burgname geht auf den urkundlich erstmals 1225 sicher bezeugten Orts-, bzw. Flurnamen Marschaninnes zurück. Etymon dürf fte marcidus (sumpfiger Boden) sein. Die Ableitung des Burgnamens aus einer Flurbezeichnung spricht für ein höheres Alter der Anlage (1l./12. Jahrhundert ?), was bedeuten wurde, dass sich der heutige Bau, der unter keinen Umständen vor dem 13. Jahrhundert errichtet worden ist, an der Stelle eines verschwundenen Vorläufers erhöbe. Für diese Möglichkeit spricht auch der ungewöhnliche Standort der Burg.
Der Grundriss entspricht nicht, wie Poeschel behauptet, den staufischen Niederungsburgen in Italien, sondern dem savoyischen Mauergeviert mit drei schwächeren Eckturmen und einem runden Eckdonjon (Sehe Morges, Yverdon, Champvent) . Da die Burg als bischöfliche Gründung zu betrachten ist, ergeben sich Verbindungen zum savoyischen Raum über Bischof Ulrich von Kyburg (1233-1237), dessen Bruder mit Margarethe von Savoyen verheiratet war. Die Errichtung des Baus ist jedenfalls in die Mitte des 13. Jahrhunderts zu datieren, obwohl die Burg urkundlich erst spät bezeugt ist.
Zum 12. Mai 1324 verzeichnet das Necrologium Curiense den Tod des Ritters Jacob von Marmels vor der Burg. 1336 stritten sich der Bischof und Graf Ulrich von Montfort um die Burg. Bis zur schiedsgerichtlichen Erledigung, spätestens aber bis zum Michaelstag, vertrauten sie Hug Tumb von Neuburg die Burg an. Als Sieger scheint Bischof Ulrich ans dem Streit hervorgegangen zu sein, belehnte er doch 1337 als Anhänger Österreichs im Thronkampf Herzog Albrecht mit Marschlins. Eine Pfandurkunde Herzog Albrechts an Johann von Hallwil im Jahre 1339 zeigt allerdings, dass er das geliehene Geld u .a. für den chouff der vestinan Martzinens verwendet hatte. 1348 sass Walter von Stadion auf der Burg, 1353 Ludwig und Konrad von Stadion, ob lehens- oder dienstrechtlich, geht ans den Quellen nicht hervor. Am 3. 0ktober 1354 belehnte Herzog Albrecht Graf Friedrich von Toggenburg mit der Burg und gewann damit seine Hilfe gegen Zürich und die Eidgenossen (Regensberger Fehde) bis zum 11. November 1355. Der Toggenburger scheint damals seine Stellung in der Herrschaft bewusst ausgebaut zu haben. Um 1370 wird der Burggraben erwähnt. Nach der (allerdings nur durch Tschudi überlieferten) Teilung im Hause Toggenburg fiel Marschlins 1394 an Friedrich VII. Nach dem Tode des letzten Toggenburgers (1436) sass zunächst ein Montforter Ammann auf der Burg. Im Zuge der Erbschaftsbereinigung gelangte offensichtlich auch Marschlins an die Brandis, doch sass bereits 1442 Heinrich von Sigberg auf der ihm verpfändeten Burg. Die Burg blieb aber rechtlich bischöfliches Lehen in der Hand der Herzöge von Österreich. Belehnungen, respektive Reverse sind erhalten aus den Jahren 1415, 1425 und l446. Hand in Hand mit den Belehnungen ging 1415 ein Bündnis des Gotteshauses mit Österreich und 1425 die Erneuerung dieses Bündnisses. 1449 begegnet Marschlins als Brandiser Verwaltungssitz: ein Gut in Igis dz gen Martschinens zinsat. Nach einem Brand im Schloss um 1460 kam es zur Auseinandersetzung zwischen den Brandis und dem Pfandinhaber Heinrich von Sigberg. Elf Abgeordnete der III Bünde entschieden, dass Sigbergdcas Schloss an die Brandis zurückgeben solle, diese ihm aber sofort 2340 Gulden und 30 Schilling als Pfandablösung zu bezahlen hätten, den durch den Brand erlittenen Schaden sollten beide Parteien je selber tragen.
1462 verkaufte Herzog Sigmund die Burg Marschlins, die bisher lang wüstlich und öde gestanden, an Ulrich von Brandis zu Eigen, setzte sich also über die Churische Oberlehensherrschaft hinweg. Ulrich musste die Feste nach dem besten aufpauwen und sie den Österreichern offenhalten. 1465 stellte er trotzdem für seinen Sohn Sigmund wieder einen Revers an Österreich aus vmb das sloss Martzenyns. 1467 schenkte Herzog Sigmund Güter und Lente in Malans, Untervaz und Valzeina, welche der verstorbene Ulrich Venr, Vogt von Freudenberg, gehabt hatte, seinem Rat und Vogt zu Feldkirch, Ulrich von Brandis, zu der vesten Marschenins. 1465 wurden im Streit der Brandis mit Zizers und Igis Kundschaften aufgenommen uber die Rechte des Schlosses Marschlins: Weiderechte auf Marschlinser Wiesen, Alprechte, Wegrecht Uber die Wiesen zur Strasse an der Landquart . Die Dörfer bringen vor, Friedrich von Toggenburg habe diese Rechte gewaltsam an sich gerissen. Der Schiedsspruch des Churer Stadtrates schützte jedoch die Brandiser Klage in vollem Umfang. 1498 trugen sich die Brandis offenbar mit Verkaufsabsichten (an den Kaiser ?). Der Schwabenkrieg scheint dies dann verhindert zu haben. Finanzielle Schwierigkeiten blieben jedoch bestehen; denn als nach dem Schwabenkrieg die Kosten auf alle Orte und Gemeinden aufgeteilt (geschnitzt) wurden und der Dompropst Johann von Brandis seinen «Schnitz» für das Schloss Marschlins nicht bezahlen wollte, musste 1509 ein Schiedsgericht der III Bünde entscheiden, und bald verpfändete der Dompropst Marschlins an Ulrich Goldin, von dessen Gemahlin dann 1518 Emerita Gablerin, Witwe des Lutz Gugelberg, das Schloss mit 800 Gulden einlöste. Praktisch handelte es sich um einen Kauf, auch in den Urkunden wird diese Pfandlösung als Kauf bezeichnet und Emerita Gablerin als Eigentümerin. 1522 erscheinen Joachim und Johann, die Sohne von Lutz und Emerita Gugelberg, als Inhaber der Herrschaft Marschlins.
Als Vögte der Toggenburger resp. Brandis auf Marschlins sind nachzuweisen:
Hans Ort
Ott und Albrecht von Castelberg Ulrich Vogt
Peter Erpser (1465)
Itel Paul (1471)
Hans Conrad gen. Schnider (1480-84)
Zu Campells Zeit (um 1550) befand sich Marschlins in gutem Zustand.
Renovationen und Umbauten 1905 unter Prof. L.R. von Salis-Guyer durch Eugen Probst.
Noch heute Privatbesitz.
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