Wartenstein par Ulrich en 1856 (graphica-antiqua.ch)
Auf einem steilen Felskopf, aus dem Tal von weither sichtbar, erheben sich südwestlich von Ragaz die Mauerzacken der Burg Wartenstein. Die nördliche Wand des ehemaligen Wohnturms ragt noch vier Stockwerke hoch auf. Die Mauerdicke, im Fundament gegen zwei Meter stark, misst zuoberst immer noch 1.6 Meter. Die einzelnen Stockwerke sind gut an den Löchern der ehemaligen Bodenbalken zu erkennen. Im Erdgeschoss ist ein Stichbogentor erhalten. Es dürfte aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammen und bei der damaligen Wiederinstandstellung der Burg anstelle des alten Hocheingangs ausgebrochen worden sein. Vorhanden sind auch noch drei nach innen sich weitende Luftschlitze, er eine links, zwei weitere rechts vom Eingang. Die Torleibungen weisen Nischen auf, in denen der schwere Holzbalken lief, welcher zur Verriegelung diente. Das zweite Stockwerk zeigt noch zwei Fensteröffnungen und möglicherweise Spuren eines Herdes. Im dritten Stockwerk sind die Fenstergewände erhalten geblieben, und es lassen sich auch die Reste eines Rauchabzuges erkennen. Im vierten Stock sind lediglich aufgrund der wenigen Leibungsreste Fenster zu erahnen.
Auf der nördlichen Seite der äusseren Wand des wohl zu Beginn des 13. Jahrhunderts erbauten Bergfrieds liess man im 14. Jahrhundert Wohn- und Wirtschaftsgebäude errichten. Nach 1400 wurden sie aber wieder abgebrochen, und an ihrer Stelle entstand ein Zwinger, von dem noch drei Zinnen mit Balkenlöchern für den Aufbau des ehemaligen hölzernen Wehrgangs erhalten sind. Damals wurde auch der heutige Zuggang ausgebrochen, und im östlichen Zwingerteil entstand die teilweise sichtbare doppelwandige, gemauerte und mit einer Zwischenlehmschicht versehene Zisterne.
Rund 50 Meter tiefer gegen das Tal hin sind Mauerteile der ehemaligen Vorburg erhalten. Es lassen sich Spuren von mindestens fünft Gebäuden erkennen.
Die Anlage, mindestens die Kernburg auf dem Felskopf, muss kurz nach 1200 entstanden sein. Als Auftraggeber zur Errichtung der Burg dürfte wohl Konrad von Zwiefalten, Abt zu Pfäfers, anzusprechen sein. Urkundlich erscheint die Burg erstmals 1208, als Kaiser Otto IV die Schirmvogtei, also die weltliche Schutzpflicht über das Kloster, an Heinrich von Sax verpfändete. Damit wurde er, der Gründer der Burg Forstegg, vorübergehend auch Herr zu Wartenstein. Er verpfändete aber seinerseits die Vogtei über die Burg und die Kirche von Pfäfers schon zwei Jahre danach an Heinrich von Falkenstein. In der folgenden zeit zeichnete sich ein steter Kampf des Klosters gegen die Übergriffe seiner Schirmvögte ab. Dabei spielte die Wartenstein, in so unmittelbarer Nähe des Klosters, eine entscheidende Rolle. Abt Rudolf von Bernang vermochte 1257 um 300 Mark Silber die gesamte Vogtei, welche teils ans Reich zurückgefallen, teils wieder in den Händen der Sax war, zurückzukaufen. Als neue Vögte wurden daraufhin die Herren von Wildenberg, sesshaft auf Schloss Freudenberg, vom Kloster eingesetzt. Ihre Nachfolger waren im 14. Jahrhundert die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg. Im selben Zeitraum versprechen deren Vettern, die Grafen Hartmann und Rudolf von Werdenberg-Sargans, dem Abt, die Burg Wartenstein auf keine Weise zu behelligen oder gar dem Kloster zu entfremden. Als die Werdenberger als Vögte amteten, wurde die Burg 1341 auf Geheiss von Abt Hermann II von Arbon umgebaut und einer umfassenden Instandstellung unterzogen. Damals muss, entsprechend den schriftlichen Quellen auch eine Kapelle eingerichtet worden sein, von der sich allerdings baulich keine Spuren mehr feststellen lassen. Die Äbte liessen die Burg dermassen bequem herrichten, dass in den frühen achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts Abt Gerold von Eroltzheim auf ihr residierte.
Als 1482 Sargans Landvogteisitz der sieben alten Orte geworden war, übernahmen die Eidgenossen die Schirmvogtei über das Kloster Pfäfers. Damit gelangte auch die Burg Wartenstein in ihre Obhut. Vor allem während des Schwabenkrieges, um 1500, bildete die Burg, welche in kriegstüchtigen Zustand versetzt und mit Kriegsmaterial versehen worden war, für die Schweizer einen wertvollen Stützpunkt. Sie gaben aber, nachdem der Krieg entschieden war, die Feste 1504 der Abtei zurück. Im Zug der Reformation liess wegen eines drohenden Klostersturms der damalige Landvogt von Sargans, der bekannte Glarner Chronist Aegidius Tschudi, die Burg vorübergehend besetzen.
Bereits 1570 weisen die Quellen auf den baufälligen Zustand der Burg hin. Das Kloster gab deshalb die Wehranlage, welche militärisch und administrativ wertlos geworden war, auf und überliess sie den Bewohnern der Umgebung als Steinbruch.
1951 wurden erste Sicherungsarbeiten vorgenommen. Aber eine umfassende Restaurierung der Kernburg fand erst 1975 statt. Die Vorburg ist archäologisch noch nicht untersucht.
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