Weit oben auf einem felsigen Kap, der Murg überhängt, steht das Schloss von Frauenfeld am Westrand der Stadt. Schon aus der Ferne kann man seine stolzen, mit Walmdach bedeckten Turm erkennen. Heute noch erreicht er seine ursprüngliche Höhe von etwa 19 Metern. Er steht auf einem fast viereckigen Grundriss von ungefähr 8,5 Metern Seitenlänge, und wurde früher mit einem hervorstehenden Stockwerk aus Holz umrundet, das mit schrägen Balken gestützt wurde. Reste dieser Balken und der flankierenden Hölzer sind an der der Stadt zugewandten Seite noch sichtbar. Jede der vier Fassaden wird in der Mitte von einer gewölbten Tür durchbohrt.
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Die höher gelegenen zwei Wohnstockwerke haben in einer Ecke die Fragmente einer Leitung. Handelte es sich um den Schornstein einer Feuerstelle oder um einen Belüftungskanal? Ein Behausungskörper in Form eines Turms lehnt an der südlichen Mauer des Wachtturmes, der Murg überhängt. Die Maurerarbeit der zwei Gebäude ist aus verschiedenen Steinen. Die Mauerarbeit des Wachtturmes ist ein wenig gröber als diejenige der Wohnung, mit einer Höhe von ungefähr acht Metern. Andererseits haben alle Mauern dieselbe Dicke, von 2,9 bis zu 2,5 Metern. Das Innere des Behausungskörpers wird durch drei Schiessscharten beleuchtet. Die Westflanke der zwei Gebäude wird durch eine Konstruktion unterstützt, die dem Behausungskörper ähnlich ist; seine Mauern sind allerdings weniger dick. Die zwei Wohnungen werden von den zwei Stockwerken überlagert, zuoberst ist ein Erker.
Die Verkleidung des unteren Stockwerkes besteht aus Kieselsteinen mit einigen Bossenwerken, die an den Rändern vierkantig zugeschnitten wurden, während ein Teil des überhängenden Stockwerkes Fachwerk ist. Der Anhang im Osten wurde erst 1833 hinzugefügt. Nur die Grundmauern sind noch erhalten von der inneren Mauer. Der Graben, der es umrundete, wurde völlig aufgeschüttet, und die äusserliche Umfriedungsmauer verschwand ziemlich früh.
Manche Meinungsverschiedenheiten gibt es über das Datum der Konstruktion des Schlosses von Frauenfeld. Bruno Meyer schreibt in diesem Zusammenhang: "Es geht aus den neuesten Forschungsarbeiten hervor, dass das Schloss nach 1226 errichtet wurde. Das Ergebnis der Ausgrabungen kann jedoch kein präzises Datum feststellen. Einige römische Zeichen, die von Steinmetzen in den Mauern des Turmes und den Überresten der Kapelle gemeisselt wurden, ebenso wie die Struktur des ursprünglichen Eingangs des Turmes und der Türen der Kapelle scheinen jedoch zu suggerieren, dass der älteste Teil im Laufe der ersten Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts gebaut wurde. In Anbetracht der politischen Lage, scheint das Datum von 1226 möglich zu sein.
Seit jeher hatte Frauenfeld eine grosse Bedeutung für die Grafschaft von Thurgau, die zu Beginn des 13. Jahrhunderts zu den Grafen von Kyburg gehörte. Die Region verlor jede Unterstützung, als die Herrschaften von Murkart ausstarben und das Territorium der Grafen von Toggenburg der Santkgaller Abtei zufiel, aufgrund des Brudermordes, der diese Familie beschmutzt hatte. Die Grafen von Kyburg mussten seitdem selbst auf ihre Verteidigung achten. Um ihre Macht in der Region von Frauenfeld zu bewahren, beschlossen sie, ein eigenes Verteidigungswerk aufzurichten. Sie begannen mit dem Bau eines starken Turmes. Er befand sich neben einer kleinen Kapelle, die der Heiligen Jungfrau gewidmet ist. Eine Kapelle, die sich durch eine Tür mit sehr schöner Ausführung und durch Aussendekorationen, die dem Stil die zu dieser Zeit entsprachen, unterschied. Dann gründeten die Kyburger, die bestrebt waren, über ein wirtschaftliches Zentrum zu verfügen, eine kleine Stadt in unmittelbarer Umgebung des Turmes, den sie vergrössern liessen.
Diese Gründung geschah wahrscheinlich um das Jahr 1244. Die Abtei von Reichenau musste daran teilnehmen, denn die Stadt befand sich auf ihrem Territorium, während das Schloss im kyburgerischen Territorium lag. Das erste Verteidigungswerk wurde also durch die Konstruktion des Gebäudes vergrössert, die einem Turm ähnelt, mit anderen Worten durch einen Behausungskörper, der auf der Südseite des Wachtturmes stand. Im 13. Jahrhundert war die Tendenz, dass die Eigentümer von Wachttürmen, einen komfortableren Wohnsitz bauten und ihre zu engen Türme aufgaben. So wie auch in Greifensee oder Hegi. Gebaut aus Stein wurde das untere Stockwerk des neuen Gebäudes vom einem Stockwerk aus Holz gekrönt. Das Untergeschoss war ebenfalls bewohnbar.
Als die Kyburger ausstarben, gelangte das Schloss von Frauenfeld in die Hände der Habsburger. Rudolph IV liess im Südbereich des Schlosses eine geschlossene Barriere bauen, die von einem runden Weg überwunden wurde. Nachdem er zum König gekrönt wurde, erwarb er in 1273 das Herzogtum von Österreich, und seine Beziehungen zu seinem Eigentum von Frauenfeld wurden lockerer. Ein habsburgischer Vogt wurde im Schloss installiert. Als direkter Vassal und Vertrauensperson seines Fürsten, hielt sich dieser Beamte allerdings selten in Frauenfeld auf. Jakob von Frauenfeld, der aus der Familie Wiesendangen stammte, wurde Intendant des Königes Albert, der in Königsfelden am 1. Mai 1308 ermordet wurde. Jakob, der später den Namen von Hofmeister annahm, fiel in der Schlacht von Morgarten an den Seiten der Österreicher.
Seine Söhne liessen ihrerseits das Schloss vergrössern und eine Wohnung im Norden der alten Barriere bauen. Die Mauern dieses Gebäudes aus Tuffbruchsteinen, hatten mehrere Fenstern aus Sandstein. Eine von ihnen ist geblieben. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts waren die Hofmeister nicht mehr in der Lage, ihr Eigentum zu unterhalten und verkauften es an die von Hohenlandenberger. Der neue Vogt kannte schwierige Zeiten. Einige Jahre nach seinem Einzug ins Schloss unternahmen die Appenzeller ihre bekannten Einfälle. Am 1. September 1407 kamen sie vor den Toren von Frauenfeld an und griffen das Schloss an, aber vergeblich. Sofort danach wurden die Vorrichtungen der Verteidigung der Festung konsolidiert und die Wassergräben bis zu sechs Meter vertieft. Man sieht noch einige Spuren des Grabens unter der Treppe des Schlosses. Wie es oft der Fall war, führte eine Mauer entlang der inneren Seite des Grabens; eine zweite an der anderen Seite verstärkte sie. Diese Konstruktion erinnert an jene des Schlosses von Zug.
Noch im selben Zeitalter blieb der erste Eingang auf Bodenhöhe verschont. Dieser gibt auch heute noch Zugang zum Schloss. In 1460 eroberten die Eidgenossen Thurgau, aber sie konnten das Schloss nicht erobern. 45 Jahre früher, als der österreichische Herzog Frederick verbannt worden war, gelangten seine Rechte zum Kaiser, und das Schloss wurde somit zu einer kaiserlichen Vogtei. Erst in 1534 konnten die Eidgenossen es mit Hilfe eines Austausches erwerben, der mit den Baronen von Hohenlandenberg abgeschlossen wurde. Sie gestalteten das Schloss um und machten es zum Wohn- und Verwaltungssitz von ihren Vögten, deren Amtsperiode auf zwei Jahre festgelegt wurde. Ein Audienzsaal wurde am zweiten Stockwerk eingerichtet.
Um das Schloss komfortabler zu gestalten, wurden grössere Fenstern in den meisten Mauern gebohrt. Der grosse mit den Wappen der eidgenössischen Vögte geschmückte Fries wurde 1569 kreiert. Nach dem Verschwinden des ehemaligen Bundes, fiel das Schloss dem neuen Kanton von Thurgau zu, der es zunächst als Mietshaus benutzte. In 1834 liess er eine Konstruktion im Osten des Wachtturmes hinzufügen und unterbrachte dort die kantonale Finanzverwaltung. Der Bau der Strasse nach Zürich erforderte in 1839 die Demolierung der äusserlichen Umfriedungsmauern. Zu diesem Zeitpunkt wurden auch die Wassergräben gefüllt. Nach der Vollendung des aktuellen Regierungssitzes beschloss der Kanton in 1866 das Schloss zu verkaufen. Ein Jahr später ging dieses in die Hände von Johann Jakob Wegelin, der es von der vorgesehenen Demolierung rettete. Später spendete die Enkelin von Wegelin, Marie Bachmann, es dem Kanton, um dort ein kantonales Museum einzurichten. Nach ausgedehnten Renovierungsarbeiten konnte man im Jahre 1960 das kantonale Geschichtsmuseum eröffnen.
©Les châteaux suisses. Die Schweizer Schlösser. The Swiss Castles