Am Westrand des Dorfes Grimisuat, auf fruchtbarer Anhöhe, nordöstlich von Sitten, erhebt sich ein wohlerhaltener mittelalterlicher Wohnturm. Der Grundriss beschreibt ein mächtiges Rechteck. Am Äusseren sind die Spuren zahlreicher Umbauten zu erkennen. So sind etwa in neuerer Zeit grössere Fenster durchgebrochen worden, und auch der heutige Treppengiebel stammt nicht aus der Entstehungszeit des Turmes, sondern ist auf einen spät-mittelalterlichen Umbau zurückzuführen. Die Getäfer im ersten Stockwerk stammen aus dem 16. Jahrhundert. Zum ursprünglichen Baubestand gehörten praktisch nur noch die Mauern bis zur Höhe des zweiten Obergeschosses. Der saubere Eckverband aus unbossierten Quadern legt eine Datierung des Turmes in die Zeit um 1200 nahe. Der Turm von Grimisuat gehört zu einem im Wallis weit verbreiteten Burgentyp. Es handelt sich um die „Turmburg“, die zur Hauptsache aus einem einzigen turmartigen Gebäude besteht. Diese einfachen Bauten waren von geringem fortifikatorischem Wert, lagen auch meist leicht im unmittelbaren Bereich des Dorfes. Ihre massive Steinbauweise liess sie aber die Holzhäuser der übrigen Dorfbewohner überragen. Diese Turmburgen waren die Statussymbole der herrschaftlichen Beamten und des ländlichen Kleinadels. Sie dienten als Amts- und als Wohnsitze.
Grimisuat gehörte im Mittelalter zur Herrschaft d'Ayent, deren Zentrum die gleichnamige Burg südlich des Dorfes bildete. Der Turm von Grimisuat war der Sitz einer grundherrlichen Beamtenfamilie, die sich nach dem Dorf nannte und für die Herren von d'Ayent die herrschaftlichen Güter und rechte verwaltete. Die urkundlichen Belege für das Geschlecht reichen bis ins frühe 13. Jahrhundert zurück. 1215 erscheint Willermus von Grimisuat erstmals mit dem Rittertitel als Zeuge in einer Urkunde. Der Turm muss um die Mitte des 13. Jahrhunderts auf unbekannte Weise, wohl durch Erbschaft, an die Herren von Venthône übergegangen sein, die ihn 1267 anlässlich einer Güterausscheidung dem Domkapitel von Sitten überliessen. Dieses gab ihn entweder als Lehen aus, oder es veräusserte ihn weiter, sei es an den Bischof, sei es an die Herren von Turn, welche um 1200 die Rechtsnachfolge der Herren von Ayent angetreten hatten. In den Kriegen des 14. Jahrhunderts zwischen Savoyen, dem Bischof und den Herren von Turn dürfte auch der Turm von Grimisuat geschädigt worden sein. Die Gerichtsbarkeit befand sich im Spätmittelalter in den Händen des Bischofs, der sie durch einen Beamten, Metral oder Kastlan genannt, ausüben liess. Dieser sass auf dem offenbar wiederhergestellten Turm. Das Amt hatten zunächst die Edlen von Crista inne, später eine Familie Schnyder. Die Gerichtsrechte wurden 1580 von der Gemeinde Grimisuat käuflich erworben, nachdem diese bereits 1502 von der Familie Schnyder den Turm gekauft hatte, um ihn als Pfarrwohnung einzurichten.
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